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Slowakischer Außenminister kritisiert EU wegen Balkan

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Noch im Juni sollen die Staaten der EU entscheiden, ob mit Nordmazedonien und Albanien Beitrittsverhandlungen aufgenommen worden. Entsprechende Zusagen machten die EU-Mitglieder vor einem Jahr unter der Voraussetzung, dass Nordmazedonien den Namensstreit mit Griechenland beilegt und Albanien seine schmerzliche Justizreform vorantreibt. In Albanien herrschen nun massive innenpolitische Spannungen zwischen Regierung und Opposition, doch Nordmazedonien hat alle EU-Vorgaben erfüllt. Trotzdem ist auch für diesen Balkan-Staat ein klares Datum für den Verhandlungsbeginn ungewiss, weil Deutschland Probleme macht, formell weil der deutsche Bundestag angeblich nicht zeitgerecht einen entsprechenden Beschluss fassen kann. Faktum ist aber, dass es bei CDU-CSU massive Vorbehalte gegen Beitrittsgespräche gibt. Diese Politik und die negativen Folgen einer in der EU weitverbreiteten Erweiterungsmüdigkeit kritisiert der slowakische Außenminister „Miroslav Lajcak“. Mit dem ausgewiesenen Kenner des Balkan hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz jüngst bei der Sicherheitskonferenz „GLOBSEC in Preßburg gesprochen; hier sein Bericht:    

Miroslav Lajcak hat eine langjährige Erfahrung am Balkan; er war Botschafter in Belgrad, spielte 2006 beim Prozess der Auflösung des Staatenbundes von Serbien und Montenegro eine vermittelnde Rolle und war mehr als ein Jahr Hoher Vertreter der UNO in Bosnien und Herzegowina, ein Amt das er Anfang 2009 vorzeitig zurücklegte, um zum ersten Mal Außenminister der Slowakei zu werden. Die Entwicklung des Balkan in den vergangenen zehn Jahren, in denen nur Kroatien den Beitritt zur EU erreichte, bewertet Miroslav Lajcak so:  

"Die Region macht Fortschritte, doch ich würde mir ein höheres Tempo wünschen. Doch wir müssen auch ehrlich zugeben, dass die EU der Region viel weniger Aufmerksamkeit widmet, und das ist das Problem. Wir fordern europäische Reformen, doch wir bieten keine europäische Perspektive. Faktum ist, dass in den vergangenen zehn Jahren Montenegro NATO-Mitglied wurde und Nordmazedonien vor dem Beitritt steht, während das Angebot der EU an Glaubwürdigkeit verliert. Leider ist von anderen Alternativen die Rede. Aus Tirana und Pristina sind Stimmen zu hören, die von einer Vereinigung sprechen, andere beklagen die Aktivitäten Russlands oder der Türkei; doch das ist ein Resultat dessen, dass die EU mit ihrer Perspektive nicht glaubwürdig ist."

Die Slowakei ist klar für ein Datum für Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien. Ob es dazu noch im Juni kommt, ist fraglich. Für Lajcak steht in dieser Frage auch die Glaubwürdigkeit der EU auf dem Spiel:

"Die EU-Integration spielt sich nach unseren Regeln ab, und wir verlangen von unseren Partnern am Balkan, dass sie unsere Regeln achten. Das heißt aber auch, dass auch wir unsere Regeln einhalten müssen. Mazedonien wurden wegen des Namensstreits mit Griechenland keine Beitrittsverhandlungen gestattet. Da diese enorme Frage gelöst wurde, denn da geht es um die Frage der Identität, müssen wir sie zu Beitrittsgesprächen einladen, wenn wir glaubwürdig bleiben wollen. Am Balkan bestehen bereits jetzt Zweifel, in welchem Ausmaß, die EU ernsthaft die Erweiterung fortsetzen will. Wenn wir jetzt nicht Nordmazedonien und Albanien zu Beitrittsgesprächen einladen, dann gibt es keine Zweifel mehr, sondern dann wird klar sein, dass die EU kein glaubwürdiger Partner ist auf den man zählen kann."

Wir schleppend nun Beitrittsgespräche ablaufen zeigt der Fall Montenegro. Nach sechs Jahren sind zwar fast alle 35 Kapitel eröffnet, doch noch keine fünf zwischenzeitlich abgeschlossen worden. Warum, erläutert Miroslav Lajcak so:

"Die Erweiterung wurde in einigen EU-Mitgliedsländern unpopulär; daher wird der Verhandlungsprozess verlangsamt. Das ist etwas egoistisch, weil wir nur an uns denken und nicht daran, dass am Balkan wirkliche Staaten und Menschen leben, die ihre Gefühle und Hoffnungen haben. Es ist sehr einfach: entweder wir befassen sie mit unserer Agenda, oder es kann der Balkan schnell zu unserem, europäischen Problem werden."

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