20240617 ORFIII Bewertung und Ausblick des Ukraine Gipfels in der Schweiz Wehrsch Mod
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kiew
Inserts: Dmitro Rasumkow, ehemaliger Parlamentspräsident der Ukraine
Gesamtlänge: 2’06
Die Konferenz am Bürgenstock war aus der Sicht der Ukraine schon deshalb wichtig, weil das Land wieder im Zentrum internationaler Politik gestanden hat. Doch Ukraine-Konferenzen gab es bereits mehrfach, und als Parlamentspräsident nahm Dmitro Rasumkow auch an einigen teil. Am Krieg und an der fortschreitenden Zerstörung änderte sich aber nichts:
11'14'4 - Bewertung der Konferenz - 12'02'5
„Für mich ist es sehr wichtig, dass dies nicht nur eine Veranstaltung ist. Warum? Weil wir eine ähnliche Veranstaltung in Lugano gesehen haben, als die Wiederaufbaukonferenz stattfand. Dort gab es viele Präsentationen, aber praktische Ergebnisse hat das nicht gebracht. Ich hoffe sehr, dass zumindest die drei Themen umgesetzt werden. Bin ich sicher, dass sie zu 100 Prozent umgesetzt werden? Nein.“
Mehr Sicherheit für das russisch besetzte AKW Saporischja ist ohne Moskau ebenso wenig möglich wie ein Austausch von Gefangenen. Eine Vereinbarung zum Export von Getreide über den Hafen Odessa gab es bereits, doch im August des Vorjahres wurde sie nicht erneuert. Die Ukraine kann nach militärischen Erfolgen im Seekrieg wieder viel mehr Getreide exportieren, doch die russische Bedrohung zur Luft bleibt.
Bei der Konferenz in der Schweiz war Russland nicht eingeladen und wollte auch nicht teilnehmen. Auch China kam nicht, während andere Staaten des Globalen Südens das Schlussdokument nicht unterzeichneten. Hinzu kommen unterschiedliche Ansätze für eine Friedenslösung:
12'11'9 - Getrennte Friedensprozesse - 12'44'7
„Es gibt das ukrainische Narrativ, das bei der Konferenz vorangetrieben wurde, und es gibt das, was China und andere Staaten zu fördern versuchen. Dies schafft eine parallele Strategie, und das spielt definitiv nicht zum Vorteil der Ukraine. Warum die Diplomatie unter Präsident Selenskyj da nicht mehr leistet, kann ich schwer beantworten.“
Unterzeichnet hat Selenskij jüngst jedenfalls eine Vereinbarung mit den USA, die für zehn Jahre eine militärische Unterstützung und Zusammenarbeit mit der Ukraine sichern sollen. Weitere sechs derartige Vereinbarungen wurden bereits mit anderen europäischen Mittelmächten unterschrieben. Was bedeutet das für die Sicherheit der Ukraine konkret?
1'52'3 - Memorandum - 2'40'2
„Sind dies Sicherheitsmemoranden? Nein. Das heißt, wenn der Krieg morgen endet und übermorgen wieder beginnt, ermöglichen diese Vereinbarungen nicht, dass die Streitkräfte der Länder, die diese Dokumente unterzeichnet haben, kommen und den Streitkräften der Ukraine helfen, Seite an Seite stehen und den Feind vernichten, der die Ukraine angreift. Diese Vereinbarungen handeln von Hilfe und Unterstützung. Einige von ihnen sind sogar, sozusagen, eine leichtere Version, eine einfachere Version als das Budapester Memorandum.“
Im Jahre 1994, also genau vor 30 Jahren, verzichtete die Ukraine in diesem Memorandum auf alle Atomwaffen aus sowjetischer Zeit. Garantien für ihre Sicherheit bekam sie nicht. Das gebrannte Kind scheut bekanntlich das Feuer. Daher hängt ein Frieden für die Ukraine nicht nur vom russischen Aggressor ab, sondern auch davon, wie sehr der Westen und die USA bereit sind, die Sicherheit der Ukraine tatsächlich zu gewährleisten.
Ob die Konferenz in der Schweiz daher der Beginn einer dynamischen Friedenssuche war, werden die kommenden Monate zeigen.