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auch Opposition gegen Wahlen im kommenden Jahr

Fernsehen
ORFIII
Berichte Ukraine

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine

Inserts: Julia Klimenko, Mitbegründerin der Partei „Holos“

Gesamtlänge: 6‘02

Die bisher letzten Präsidenten- und Parlamentswahlen fanden in der Ukraine im Mai und im Juli 2019 statt; somit müsste im kommenden Jahr wieder gewählt werden, doch der russische Großangriff vom Februar des Vorjahres stellt zwangsläufig auch diese Wahlen wohl mehr als nur in Frage. Gegen Wahlen im Krieg, ist auch die kleineste Oppositionspartei, die national-liberale Bewegung „Holos“, zu Deutsch Stimme:

00-47 Klimenko

„Ukrainer haben sich über die ganze Welt zerstreut, und eine Million Ukrainer kämpfen in den Schützengräben. Wie werden die wählen, die an vorderster Front stehen? Wie kann dort ein transparenter Prozess und ein Wahlkampf organisiert werden? Darüber hinaus gibt es mehr als 9 Millionen Binnenflüchtlinge. Viele von ihnen sind nicht registriert. Ich verstehe also nicht, wie man eine Wählerliste erstellen kann, ohne zu wissen, wo sich die Leute befinden. Und zum Dritten; damit die Wahlen als demokratisch und transparent anerkannt werden und alle mit ihren Ergebnissen einverstanden sind, sollten internationale Beobachter da sein. Ich sehe keine Möglichkeit, die Wahlen sicher zu machen, damit die Russen sie nicht ausnutzen, indem sie beispielsweise Raketen oder Artillerie auf Wahllokale schießen.“

Doch jenseits aller technischen Herausforderungen nennt Julia Klimenko auch politische Probleme in der Ukraine, die mit Kriegsrecht und Ausnahmezustand zu tun haben:

07-22 Klimenko

„Der Präsident hat als Oberbefehlshaber das Recht, die Medien und politische Aktivitäten zu verbieten; er handelt im Rahmen der geltenden Gesetzgebung. Daher sehe ich nicht, wie sich die Situation bei den nächsten Wahlen ändern wird. Bei den nächsten Wahlen wird die derzeitige Regierung gewinnen, die die volle Kontrolle über die Medien, die politischen Aktivitäten, die Armee und die Verwaltung hat, über alle Verwaltungsressourcen verfügt und die volle Kontrolle über die Regionen hat. Welchen Sinn hat es also, Geld auszugeben, um dieselben wiederzuwählen?

Erschwert wird die Arbeit der Opposition noch dadurch, dass Sitzung des Parlaments nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden; das hätte schon lange geändert werden müssen:

16-36 Klimenko

„Leider haben unsere Wähler keinen Zugang zu Informationen des Parlaments, da die Sitzungen des Parlaments und die Reden der Abgeordneten nicht oder nur nachts ausgestrahlt werden. Das Fehlen jeglicher Information des Parlaments für alle Wähler seit zwei Jahren ist falsch. Ich verstehe, dass es in den ersten drei bis sechs Monaten richtig war, als tatsächlich die Gefahr der Besetzung großer Städte und der Ukraine im Allgemeinen bestand. Jetzt, wo sich die Situation stabilisiert hat, besteht die Möglichkeit, öffentliche Sitzungen des Parlaments abzuhalten und Journalisten dazu einzuladen.
Wir als Opposition haben keinen Zugang zu den Medien und keine Möglichkeit, unseren Wählern zu sagen, was wir im Parlament tun.“

Ein Kriegsende ist derzeit nicht in Sicht; doch wenn wieder Friede herrschen sollte, wie viel Zeit muss dann vergehen, damit demokratische und faire Wahlen wieder möglich sind?

15-03 Klimenko

„Nicht nur das Kriegsrecht, sondern auch der Ausnahmezustand schränken die Rechte der Bürger erheblich ein. Nach dem Ende des Kriegsrechts und des Ausnahmezustands glaube ich, dass mindestens sechs Monate nötig sind, um Wahlen vorzubereiten. 6 bis 12 Monaten ist auch der Zeitraum, den die Zentrale Wahlkommission für die Erstellung neuer Wählerlisten und das Wahlverfahren benötigt. Daher beträgt die Frist 6 bis 12 Monate, je nachdem, wann der Krieg endet, denn je länger der Krieg dauert, desto weniger wird natürlich über politische Aktivität gesprochen; doch diese Zeit sollte ausreichen, um den demokratischen Prozess wieder in den Wahlprozess zu integrieren.“

Auch Holos ist für den Beginn von Beitrittsverhandlungen der EU mit der Ukraine. Ungeachtet dessen seien aber mehr demokratische Rechte nötig, betont Julia Klimenko.

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