Ukrainische Landwirtschaft unter massivem Druck
Sechs Millionen Tonnen Getreide exportierte die Ukraine pro Monat solange der Getreidekorridor über Odessa offen war. Die Hälfte entfiel auf die Häfen von Odessa, weitere zwei Millionen auf die Donau und eine Million auf den Landweg. Doch nun ist auch die Infrastruktur durch russische Angriffe bei den Häfen Reni und Ismail praktisch zerstört, und das wirkt sich ebenfalls auf die Exporte aus, betont Alex Lissitsa, Agrarproduzent in der Ukraine:
7‘56‘9 - Donau und alternative Transporte und Preis - 8'33'7
Was passiert nun? Das Getreide wird transportiert mit dem Zug und dem LkW, wird direkt abtransportiert auf das Boot. Die Boote sind klein, und das ist das Problem; sie sind zwischen 500 und bis zu 5000 Tonnen, was die Logistik deutlich verteuert. Wenn wir vor einem Jahr knapp 30 Euro bezahlt haben für die Transporte von Reni bis nach Konstanza, so zahlen wir jetzt 70; also das hat sich praktisch verdoppelt."
Die Ernte war und ist heute sehr gut; doch die Lager sind teilweise noch voll mit Erzeugnissen aus dem Vorjahr, die nicht verkauft werden konnten. Daher werden auf freiem Feld sogenannte Silobags zum Einsatz kommen, erläutert Alex Lissitsa:
4'11'2 - Silobags und Beschreibung - 4'53'0
"Das ist so eine Plastiktüte, groß, lang; von 20 bis zu 700 Tonnen können da sein; das wird aufgeblasen, das Getreide kommt hinein, und das kann bis zu drei Jahre gelagert werden, wenn alles entsprechend vorbereitet wird. Da muss auch die Fläche vorbereitet sein. Das Problem ist auch, das muss entsprechend bewacht werden, wegen Vögeln und Mäusen; normalerweise verliert man zwischen sieben und 10 Prozent bei einer solchen Lagerung."
100.000 Hektar Ackerland bewirtschaftet Alex Lissitsa, der in Berlin studiert hat. Zu seinen Problemen zählt der Unternehmer Arbeitskräftemangel durch Kriegsdienst, höhere Kosten für Dünger und Logistik:
2'55'3 - Verlust zwischen 10 und 20 Millionen USD und Odessa - 3'20'1
"Wir werden zum ersten Mal in der Geschichte in rote Zahlen rutschen zwischen 10 und 20 Millionen Dollar werden wir wahrscheinlich Minus haben. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass 45.000 Tonnen noch in Odessa liegen, das sind knapp 10 Millionen Euro; wir können die von Odessa nicht herausholen."
Vermehrt angebaut werden daher Sonnenblumen, Raps und Soja, die weniger kosten, erläutert Lissitsa:
15'02'3 - Erwartungen heuer 15'18 - und nächstes Jahr - 15'32'4
"Es wird eindeutig weniger Winterweizen; das wissen wir schon, weil die Anbauflächen reduziert worden sind. Wir erwarten deutlich weniger Mais dieses Jahr; anstelle von Mais werden wir deutlich mehr Sonnenblumen, Soja und Raps haben. Für das nächste Jahr sind die Prognosen noch düsterer für Weizen; wir erwarten, dass die Ukraine im nächsten Jahr so gut wie gar keinen Weizen für den Weltmarkt bringt, weil die Landwirte jetzt zwei Jahre in Folge Verluste machen, und es macht keinen Sinn, Weizen anzubauen. "
Was eine derartige Entwicklung für die Versorgung von Staaten der Dritten Welt und für die Weltmarktpreise bedeutet, bleibt abzuwarten.