Kirchliche Kalenderreform in der Ukraine
Traditionell feiern alle orthodoxen Kirchen in der Ukraine Weihnachten bisher Anfang Jänner. So war es auch heuer, doch Änderungen zeichnen sich ab. So stellte es die OKU, die Orthodoxe Kirche der Ukraine ihren Pfarren frei, ob sie das Fest bereits am 25. Dezember oder wie bisher am 7. Jänner feiern wollten. Entschieden wird eine derartige Frage durch eine Abstimmung unter den Gemeindemitgliedern. Im Kiewer Vorort Irpin entschied sich die Gemeinde zur Vorverlegung des Datums, erzählt Pfarrer Andrij Kljuschew:
8'56'4 - Weihnachten am 25.12 gefeiert - 9'27'1 -
"In diesem Jahre haben wir zum ersten Mal Weihnachten am 25. Dezember gefeiert. Doch wir sind noch nicht völlig zum Gregorianischen Kalender übergegangen, der in der Orthodoxie "Neuer-Julianischer-Kalender" heißt. Doch wir sind bereits dabei, denn es gibt eine Bewegung, die diesen Übergang will, und zwar nach dem Vorbild der Griechisch-Orthodoxen Kirche, die sich des "Neuen-Julianischen Kalenders bedient."
Für die Kalender-Reform ist auch Pfarrer Andrij Kljuschew:
9'43'1 - Übergang historisch gerechtfertigt - 10'05'1
"Historisch wird das gerechtfertigt sein. Wir wissen nicht genau, wann Christus geboren ist, doch wir kehren zu einer Tradition zurück, die bis zur sowjetischen Herrschaft bestanden hat; da wurden auch zuerst die Geburt Christi und dann das neue Jahr gefeiert, doch dann änderte die Sowjet-Macht den Kalender. Allein aus diesem Grund bin ich dafür."
CW: Ist das auch eine Abkehr von Moskau?
10'10'3 - Abkehr von Moskau? - 10'23'9
"Für mich ist das nebensächlich; ja, für viele ist das ein Argument, doch ich denke, dass Religion mit der Politik nicht so eng verbunden sein sollte.
Die Griechisch-Katholische Kirche ist vor allem in der Westukraine sehr stark; sie ist seit mehr als 400 Jahren mit Rom uniert, erkennt das Primat des Papstes an, feiert aber trotzdem den orthodoxen Ritus. Gefeiert wurde Weihnachten daher auch in Lemberg am 7. Jänner; doch eine Kommission mit Vertretern der OKU soll nun eine Kalender-Reform vorbereiten, erläutert in Lemberg Volodimir Hrutsa, Weihbischof der Griechisch-Orthodoxen Kirche:
2'01'9 - Warum gemeinsame Kommission - 3'08'6
„Es geht nicht nur um Weihnachten; es geht um die Verschiebung aller Feste: Maria Verkündigung, Maria-Himmelfahrt und so weiter. Warum diese gemeinsame Kommission? In vielen unseren Gemeinden hier in der Westukraine gibt es Orthodoxe und Katholiken. Wenn wir das nicht gemeinsam machen, könnte es zu Konflikten in Gemeinden kommen, auch weil es Fälle gibt, wo wir uns die Kirche teilen; das heißt unsere Gottesdienste finden in einer Kirche statt. Da geht es auch um die Umgestaltung des Gotteshauses je nach Festtag; stellen wir uns vor, wir feiern schon Weihnachten und die Orthodoxe Kirche ist noch in der vorweihnachtlichen Fastenzeit. Da könnte es Spannungen geben, die wir nicht wollen, noch dazu in der Kriegszeit."
Zu berücksichtigen gilt es auch mögliche Gegensätze zwischen Alt und Jung, betont Weihbischof, Volodimir Hrutsa:
3'49'5 - Frage Tradition und Gewohnheit - 4'31'5
"Was wir sehen ist, dass die jüngere Generation gleich bereit ist, alles zu reformieren. Es gab auch Online-Umfragen dazu, doch im Internet ist doch stärker die jüngere Generation präsent. Somit könnte es auch Konflikte in Familien geben, weil Jugendliche sagen, wir machen das so, während die ältere Generation noch an den alten Kalender gewöhnt sind. Das braucht einen Weg der Vorbereitung, ganz klar."
Nicht betroffen sind terminlich variable Feste wie Ostern und alle damit zusammenhängenden Festtage. Trotzdem ist offen, ob und wie rasch es in der Ukraine zur Neuordnung des kirchlichen Kalenders kommen wird.