Reportage aus Charkiw
Fernsehen
ORF III
Berichte Ukraine
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Charkiw
Insert1: Amirano, Georgischer Koch in Charkiw
Insert2: Vasil Tutschapez, Bischof in Charkiw
Insert3: Vasil Tutschapez, Bischof in Charkiw
Insert4: Andrij Teresenko, Leiter der Privatbank in Charkiw
Insert5: Andrij Teresenko, Leiter der Privatbank in Charkiw
Gesamtlänge: 4‘20
Vor dem Krieg war Barabaschowa wohl einer der größten Märkte der Ukraine; hier gab es buchstäblich nichts, was es nicht zu kaufen gab, wobei viele Waren aus der Türkei und China kamen, und natürlich auch viel Ramsch vorhanden war. Nun sieht der Markt so aus; seine gähnende Leere zeigt besser als jede Statistik die wirtschaftlichen Folgen des Krieges. Teile des Geländes wurden wiederholt beschossen; zu verwenden sind die Buden nur mehr als Altmetall. Doch es gibt selbst hier kleine Lichtblicke wie dieses Beißel, das ein Georgier führt, der schon 18 Jahre in der Stadt lebt. Seine Speisen sind ebenso gut wie sein Optimismus:
"20'7 - Wie geht die Arbeit - 32'1
"Jetzt arbeiten wir normal und ruhig, früher gab es ein wenig Probleme. Alles ist gut, nur Friede sollte sein!"
Friede lässt auf sich warten, während die soziale Lage schwierig ist. Das zeigt die Menschenschlange vor dieser griechisch-katholischen Kirche, die sich um Nummern für die Ausgabe von humanitärer Hilfe anstellen. Als Lager dient die Kirche. Was wird abgesehen von Lebensmitteln besonders dringend gebraucht?
7'49'9 - Was wird am dringendsten gebraucht - 8'41'6
"Wichtig sind auch Medikamente, weil jetzt die kalte Jahreszeit beginnt. Daher sind für den Wiederaufbau auch Fenster vordringlich. erst wenn sie eingebaut sind, kann man Zimmer wieder beheizen."
Bis zu 2000 Personen stellen sich regelmäßig um humanitäre Hilfe vor der Kirche an. Doch woher kommen all diese Menschen?
5'07'6 - Wer kommt um Hilfe - 5'36'0
"Zu uns kommen Bewohner nicht nur aus unserem Bezirk, sondern auch aus anderen Bezirken in Charkiw. Doch zu uns kommen auch Bewohner befreiter Gebiete, die nach Charkiw kommen, weil es bei ihnen daheim keine Voraussetzungen für ein Leben gibt. Oft sind diese Menschen bei Verwandten untergekommen oder haben Wohnungen gemietet. Diese Leute bitten dann um Nahrung oder warme Sachen zum Anziehen, um elementare Dinge eben."
Im Zentrum sind die Folgen des Krieges ebenfalls unübersehbar. Ob Charkiw nach der Befreiung des gleichnamigen Landkreises bereits das Schlimmste hinter sich hat, ist offen. Russischer Raketenbeschuss führte jüngst zu einem tagelangen Stromausfall. Kein Strom heißt de facto auch kein Internet. Trotzdem war gerade der hohe Grad an Digitalisierung und das moderne Bankensystem ein Rettungsanker auch für Charkiw:
20220914_Charkiv_Andrij_Teresenko_Privatbank_u_banci_ispred_terminala
30'2 - Einzahlung und Behebung - 1'06'1
"De facto ist das eine elektronische Kasse; dieser Terminal spielte eine sehr wichtige Rolle während des Höhepunktes des Krieges, weil diese Terminals auch in großen Supermärkten stehen. Dorthin kamen Kunden mit Bargeld und zahlten ein, während andere dort Bargeld beheben konnten; daher braucht dieser Terminal keine tägliche Betreuung."
Betreut hat die Bank auch die ukrainischen Streitkräfte, eine Unterstützung, die weiter andauert:
12'40'9 - Unterstützung der Armee - 14'26'3
"Wir haben in den ersten Tagen etwa 1,5 Millionen Griwna zur Verfügung gestellt. Wir haben unsere Mitarbeiter unterstützt, die eingezogen wurden. Wir haben alles finanziert, was sie an Ausrüstung brauchten. Wir unterstützen auch die Beschaffung von 10 Drohnen, somit unterstützen wir die Soldaten ständig. Die gepanzerten Fahrzeuge, unsere Geldtransporter, übergaben wir ebenfalls in den ersten Tagen des Krieges. Einige bekam die zivil-militärische Verwaltung, um Kinder aus Charkiw zu evakuieren. Einige Fahrzeuge bekamen auch die Streitkräfte, das waren insgesamt 16 Fahrzeuge, die eine sehr große Rolle spielten."
Selbst wenn die militärischen Erfolge der Ukraine gegen Russland anhalten, ist klar, dass die russischen Angriffe Wirtschaft und Infrastruktur massive getroffen haben. Fest steht somit, dass auch in Charkiw Wiederaufbau und Überwintern der Bevölkerung ohne Hilfe aus dem Ausland nicht möglich sein werden.