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Reportage aus der Frontnähe in der Ostukraine

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Berichte Ukraine

Im Krieg in der Ukraine werden immer mehr Städte von russischer Artillerie und Rakten beschossen. Nach Krementschuk, Odessa und Dnipro war gestern auch die Stadt Bachmut im Donezbecken in Ostukraine neuerlich Ziel russischer Artillerie. Ein Geschoß schlug mitten im Zentrum ein und riss einen tiefen Krater. Einen Tag vor diesem Angriff war unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz in Bachmut, eine Stadt, der die Front immer näher rückt; hier sein Bericht:

Vom Krieg gezeichnet ist bereits die Stadt Bachmut in der Ostukraine, obwohl die Front noch etwa 15 Kilometer entfernt ist. Die Stadt liegt in Reichweite russischer Artillerie, und deren Ergebnisse sind an vielen Orten sichtbar, obwohl bis jetzt die Zerstörungen weit geringer sind als in Charkiw, ganz zu schweigen von der Hafenstadt Mariupol. Trotzdem sind in Bachmut an manchen Stellen ganze Häuserfronten zerstört, und gewähren von unten und außen in den oberen Stockwerken Einblick in die Küche und das Bad, besser gesagt in das, was die Artillerie davon übriggelassen hat. Doch was im Zentrum immer wieder zu hören ist, ist das Feuer der ukrainischen Verteidiger. Abgesehen von der Gefährdung der Bewohner beeinträchtigt der Krieg auch die Infrastruktur, erläutert der Sprecher der ukrainischen Polizei, Pawlo Djatschenko

3'04'8 - Lebensbedingungen - 3'21'4

"Wasser gibt es nicht immer und nicht überall. In einigen Bezirken gibt es Wasser, aber Gas gibt es keines, und zwar im ganzen Landkreis."

Und wie steht es um die Versorgung? Pawlo Djatschenko:

3'31'7 - Versorgung - 3'59'5

"Die Supermärkte arbeiten, die notwendigen Lebensmittel gibt es; da ist die Lage mehr oder weniger zufriedenstellend."

Hinzu kommt die Hilfe, die humanitäre Organisationen leisten. Eine Anlaufstelle ist im Zentrum von Bachmut, in den Räumen des Kick-Box-Klubs. Als wir ins Zentrum kommen laden drei Männer gerade aus einem VW-Bus Säcke mit Lebensmitteln aus. Zu den Waren zählen Fleischkonserven, Mehl, Getreide, Öl, Zucker und andere länger haltbare Produkte. 80 Säcke werden ausgeladen; ein Sack ist für eine Familie berechnet und soll einen Monat reichen. Zwei bis drei Mal pro Monat wird zugestellt, wenn es der Beschuss zulässt, erzählt Vitalij, der Fahrer des Kleinbusses:

1'21'1 - Gefährliche Zustellung - 1'37'5

"Einmal fuhren wir in die Stadt Konstantinowka; da konnten wir nicht einmal ausladen, weil auch die Straße beschossen wurde. Da schafften wir es gerade noch rauszukommen."

Trainiert wurde in dem Sportklub das bisher letzte Mal Mitte Juni. Der Trainer heißt Leonid, ist 73 Jahre alt und einer der wenigen Sportler, die geblieben sind. Stolz zeigt er uns den Saal mit dem Ring, in dem große Bilder an der Wand von den Siegen der Mannschaft künden. Auf einem Bild sind etwa 45 Jugendliche zu sehen; nur mehr zehn seien in der Stadt geblieben, erzählt Leonid. Trotzdem glaubt der Trainer auch dank der humanitären Hilfe an die Zukunft von Klub und Stadt:

58'2 - Dankbarkeit und Durchhalten - 1'18'3

"Mir fehlen die Worte, um meine Dankbarkeit auszudrücken. Aus der Tiefe meines Herzens muss ich sagen, das ist eine wirkliche Hilfe. Dank dieser Hilfe lebt Bachmut, und es wird sich nicht ergeben."

In Bachmut verblieben ist noch etwa ein Drittel der 100.000 Einwohner; neben einem zerstörten Haus treffe ich auf drei Männer, die die Vorderfront eines Gebäudes verbarrikadieren. Die Fenster seien neu, daher wolle man sie so gut es eben gehe gegen Artilleriebeschuss schützen. Ob Bachmut das Schlimmste erspart bleiben wird, steht derzeit in den Sternen.

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