Reportage aus der Stahl Stadt Kriwij Rih
In Mariupol halten ukrainische Soldaten weiterhin in den Ruinen des Stahlwerks Azovstal aus; es war eines von zwei Werken, die dem Oligarchen Rinat Achmetow gehören und Stahl in alle Welt verkauften. Ein zweitens Zentrum des Eisenerz-Abbaus ist die Stadt Kriwij Rih, die Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten. Ebenso wie Kiew versuchten die Russen zu Kriegsbeginn Kriwij Rih handstreichartig zu besetzen; doch der Versuch scheiterte ausgerechnet an der Entschlossenheit der russisch-sprachigen Stadtverwaltung, die nun die Stadt fest zu Verteidigung eingerichtet hat; aus Krivij Rih berichtet unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz:
Die Stadt Kriwij Rih zählt 650.000 Einwohner; mit mehr als 120 Kilometern Länge ist sie die längste Stadt der Ukraine. Grund dafür sind die Erzvorkommen; entlang dieser Vorkommen wurde die Stadt errichtet; sie ist das Herzstück der Eisenerzgewinnung der Ukraine. Vor Kriegsbeginn entfielen 10 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung auf Kriwij Rih; kein Wunder, dass die Russen sie bereits am zweiten Kriegstag handstreichartig nehmen wollten; woran dieser Versuch scheiterte, schildert der Leiter der Zivil-Militärischen Administration, Alexander Wilkul so:
6'05 - Gescheiterter Russischer Angriff - 9'01'1
"Am zweiten Tag versuchten die Russen Luftlandtruppen auf unserem Flughafen abzusetzen, Doch bereits am ersten Tag blockierten wir die Landebahn mit Baumaschinen. Auf einer Höhe von etwa 200 Meter sichteten die russischen Piloten die Blockade und zogen wieder hoch. Am dritten Tag wurde dann versucht, mit einer großen Militärkolonne aus dem Süden auf der Straße die Stadt zu nehmen. Einen Teil der Kolonne beschoss die ukrainische Luftabwehr, während wir mit sechs schweren Caterpillar die Straße blockierten. Zunächst waren die Kämpfe sehr nahe bei der Stadt, doch dank der Tapferkeit unserer Soldaten liegt die Frontlinie nun 50 Kilometer südlich von Kriwij Rih."
Gescheitert sei der russische Angriff aber auch an einer grundsätzlichen Fehleinschätzung, betont Alexander Wilkul:
10'27'7 - Russisch sprachig – 10’54 - 11'23'2
"Ein sehr großer Fehler Russlands bestand darin, darauf zu setzen, dass die russisch-sprachige Bevölkerung Russland unterstützen wird. Schauen Sie doch, wie der russisch-sprachige Südosten kämpft, wie Charkiw und Kriwij Rih kämpfen. Der russisch-sprachige Patriotismus ist um nichts schlechter als der ukrainisch-sprachige. Wir kämpfen für die Stadt und die Ukraine, wir sind sehr patriotisch, zehntausende haben sich zu den Waffen gemeldet, mehr als sogar Plätze waren in der ersten Welle."
Wirtschaftliche bereite der Krieg aber enorme Probleme, betont Wilkul:
2'25 - Logistik - für Betriebe - 3'29'3 über EU und europäische Häfen,
"Wegen der russischen Aggression können wird die Schwarzmeer-Häfen nicht nutzen. Daher versuchen wir die Logistik über die EU und europäische Häfen umzuleiten. Ich kann sagen, dass die Betriebe bereits wieder bei etwa 40 Prozent ihrer Kapazitäten arbeiten."
In die Stadt gekommen sind etwa 100.000 Flüchtlinge; 50.000 sind geblieben; für sie gibt es zunächst eine zentrale Aufnahmestelle, mit Grundversorgung und psychologischer Betreuung. Als Unterkünfte stehen Kindergärten, Schulen und Studentenheime zur Verfügung. Der öffentliche Verkehr ist kostenlos.