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Berichte Ukraine

Während in Russland und der Ostukraine der Aufmarsch russischer Truppen für einen neuen Angriff voranschreitet, wird in den von russischen Truppen verlassenen Gebieten im Norden von Kiew das Ausmaß der Zerstörungen und die hohe Zahl an zivilen Opfern immer sichtbarer. Dies zeigen nicht nur die Orte Butscha und Borodjanko nach dem Abzug der russischen Besatzer, die die viele tote Zivilisten und enorme Zerstörungen gekennzeichnet sind. Besonders blutig war der heutige Tag jedoch durch einen Raketenangriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk; sie ist ein Zentrum der Evakuierung von Bewohnern der Ostukraine vor dem drohenden russischen Großangriff. Etwa 4000 Zivilisten waren auf dem Bahnhof als die Rakete explodierte:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine

Insert1: Irina Venediktova, Generalstaatsanwältin der Ukraine

Insert2: Irina Venediktova, Generalstaatsanwältin der Ukraine

Insert3: Valentina Timofejevna, Großmutter in der Stadt Butcha

Insert4: Valentina Timofejevna, Großmutter in der Stadt Butcha

Insert5: Anja, Bewohnerin von Borodjanka

Insert6: Generalleutnant Oleksander Pawljuk, Leiter der Kiew Militär-Kreis-Verwaltung

Gesamtlänge: 4’17

Reiche Ernte hielt der Tod heute wieder unter ukrainischen Zivilisten. Eine Rakete explodierte über dem Bahnhof von Kramatorsk; 50 Personen starben, etwa 100 wurden verletzt. Überwiegend Frauen und Kinder warteten auf die Evakuierung, als die Rakete vom Typ Tocka-U einschlug; sie hat eine maximale Reichweite von 120 Kilometern. Die Ukraine und der Westen machen Russland für den Angriff verantwortlich; Moskau weist das zurück, und sagt, der Typ werde nur von der Ukraine verwendet.

Die Spuren weiterer mutmaßlicher Kriegsverbrechen wurden heute auch in der Stadt Butscha bei Kiew verfolgt. Dort begann die Exhumierung eines Grabes mit etwa 60 Leichen. Die Stätte besuchte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die heute zu einem Kurzbesuch in Kiew war. Sie verurteilte Russland mit scharfen Worten. Auch für die ukrainische Generalstaatsanwältin ist klar, dass die russischen Besatzer hier Kriegsverbrechen begangen haben:

3'26:0 - Genaue Identifizierung der Täter - 3'37'7

"Wir werden genau wissen, welche militärische Einheit das war, wer der Kommandant war, und wir werden danach streben, dass eine Kommandantenverantwortung zum Tragen kommt."

Zur Vorsicht warnt sie bei der Verwendung des Begriffs Massengräber:

3'51'0 - Gräber gegen Seuchen - 1'14'7

"Wir haben hier Gräber, die man auch als sanitäre Gräber bezeichnen kann. Als die Stadt besetzt war, und man etwas tun musste, weil Leichen auf den Straßen lagen, und das aus hygienischer Sicht gefährlich war, haben verbliebene Einwohner derartige Gräber angelegt. Daher muss man bei der Verwendung des Wortes Massengrab vorsichtig sein."

Dass es für Tragödien keiner Massengräber bedarf, zeigt dieses Grab einer 34-jährigen Mutter und ihren zwei Kinder im Alter von 4 und 10 Jahren:

2'27'5 - Engelchen - 2'39'5

„Das waren meine Kleinen, meine Engelchen. Sie waren die Freude meines Lebens! Ich kam hierher, um sie zu aus dieser Hölle zu retten, doch ich vermochte es nicht."

Die Großmutter erzählt und klagt an:

1'17'4 Tochter und kleine Enkel - 1'49'9

"Es waren zwei Autos, die gemeinsam fuhren; sie kamen zu den Russen und hielten am Straßenrand, um zu bitten, dass man sie durchlässt. Doch die Russen haben sie erschossen. Diese Bastarde! Ihnen soll auf dieser Welt nichts Gutes mehr widerfahren."

Auch in der schwer gezeichneten Stadt Borodjanka herrschen vielfach Trauer, Wut und Verzweiflung. Das Zentrum ist völlig zerstört; viele Bewohner kamen gerade mit dem nackten Leben davon, stehen aber vor dem Nichts:

1'25 - Schilderung - 2'34'2

"Meine Eltern riefen mich am ersten Kampftag an und forderten mich auf, mit beiden Kindern zu ihnen ins Dorf zu kommen, weil sie dort einen Keller haben. Dorthin fuhren wir nur mit dem, was wir auf dem Leibe hatten. Unser Dorf war dann von den Russen bis zum 31. März besetzt. Mein Bruder kämpft nun für die Ukraine; ich habe schreckliche Angst um ihn; ich will dass er siegreich nach Hause zurückkommt. Nach dem Abzug der Russen kamen wir zurück nach Borodjanka, um nach unserem Haus zu sehen; das gibt es nicht mehr; alle unsere Sachen sind völlig verbrannt. Wir sind jetzt wie Obdachlose, ohne alles."

Ehe überhaupt an Wiederaufbau gedacht werden kann, müssen auch in der Stadt Borodjanka Minen und Blindgänger beseitigt werden. Abziehende Gegner hinterlassen keine Minenpläne, sollte derartige überhaupt je gezeichnet worden sein:

26'4 - Entminung - 1'02'4

"Es gibt sehr viele Minen und nicht explodierte Sprengmittel etwa nach Artilleriebeschuss. Nach dem Abzug haben die Besatzer vermintes Gebiet hinterlassen; teilweise haben sie auch Leichen und Autos vermint. Daher sind nun Experten aus der ganzen Ukraine beim Entminen im Einsatz. Ich denke, dass wir binnen eines Monats die grundlegenden Orte gesäubert haben werden, doch dies wir ein sehr langer Prozess. Sie wissen selbst: ein Kampftag bedeutet ein Jahr Entminung."

Mehr als 200 Tote gibt es allein in Borodjanka; wie viele noch unter den Trümmern liegen ist unklar; klar ist, dass noch viele schreckliche Schicksale folgen werden, denn ein Ende des Krieges ist in der Ukraine nicht in Sicht.

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