Cyber Angriffe und Gegenwehr der Ukraine
Wie würde eine mögliche militärische Eskalation durch Russland in der Ukraine beginnen - klassisch mit einem massiven Einsatz von Luftwaffe und Artillerie oder mit einer Cyber-Attacke? Das ist keine theoretische Frage, weil eine moderne Kriegsführung heute durchaus das Ziel haben könnte und dürfte, zunächst die kritische Infrastruktur lahmzulegen, die vom Funktionieren von Computern, Internet und Stromversorgung abhängt. Cyber-Angriffe auf die Ukraine gab es in den vergangenen Jahren bereits, ob sie eine Art Generalprobe waren, ist offen. In Kiew ist unser Korrespondent Christian Wehrschütz der Frage nachgegangen, wie sehr die Ukraine nun bereits in ihre digitale Sicherheit investiert hat.
Ende Juni 2017 erfolgte eine massive Cyber-Attacke auf die Ukraine. Zu Einsatz kam die sogenannte Petya-Schadenssoftware, die nicht nur die Steuerbehörde der Ukraine, viele andere Institutionen, sondern auch viele private Firmen betraf. Eingedrungen wurde dabei auch über schlechtgeschützte Software-Systeme, die nur die ukrainische Steuerbehörde verwendete. Welche Folgen das hatte, schildert der Österreicher Cornelius Granig, der lange in der Ukraine gearbeitet hat und sich nach wie vor mit IT-Sicherheit befasst:
11'30'4 - Bestes Beispiel weltweit - 2017 - Firma Mersk - 12'02'9
"Da möchte ich die Firma Mersk als Beispiel herausgreifen; die hatten einen einzigen Computer in Odessa, der mit dieser speziellen Software gearbeitet hat, die man genutzt hat, um Steuererklärungen vorzubereiten. Dieser einzige Computer wurde infiziert mit der Schad-Software; das hat dazu geführt, dass das weltweite System von Mersk zusammengebrochen ist, dass sie wochenlang keine Schiffe entladen konnten, und dass sie alle Computer neu installiere mussten und das gesamte weltweite Netzwerk neu auf die Beine stellen mussten."
Granig ist der Ansicht, dass viele ukrainische Behörden nach wie vor veraltete Software-Systeme verwenden sich eine zeitgemäße IT-Sicherheit nicht leisten können. Dass Kiew die Gefahr auf jeden Fall erkannt hat, zeigt etwa das „Staatliche Zentrum für Cyber-Schutz“ in Kiew. In diesem Zentrum werden IT-Sicherheitsexperten regelmäßig darin trainiert, Cyber-Angriffe zu bekämpfen, ihre Folgen einzudämmen und die Urheber auszuforschen. Leiter der ukrainischen Behörde für Informationssicherheit ist der 38-jährige Oberst Jurij Schihol. Den Kampf gegen Hacker schildert Schihol so:
10'51'7 - Anzahl Angriff Geldforderungen - 12'17'5
"Etwa 90 Prozent aller Cyber-Angriffe werden von Hackern durchgeführt, die Geld fordern. Nur 10 Prozent der Angriffe haben das Ziel, die Infrastruktur des Staates zu zerstören; da ist vor allem unser Nachbarstaat aktiv; erfolgreiche Angriffe wirken sich auf unser Rating aus, weil sie der Welt zeigen, dass wir uns nicht schützen können. Daher ist unser Grundziel, ein System zu schaffen, dass sich jeder Bürger sicher fühlen kann. Im Vorjahr verzeichneten wir 2,2 Millionen Angriffe, ohne dass unser System davon betroffen worden wäre. 450 Angriffe haben unsere Spezialisten neutralisiert; da waren wir ziemlich erfolgreich."
Jurij Schihol gibt an, dass die Ukraine mit den USA, der EU, der NATO und vielen privaten Firmen im Kampf gegen die Cyber-Kriminalität zusammenarbeite. Im Gegensatz zu klassischen militärischen Angriffen, gäbe es im Falle von Cyber-Attacken keine Vorlaufszeit. Entscheidend sei daher ein guter Schutz, die Sicherung von Daten und drittens die rasche Reaktion, um die Folgen eines Cyber-Angriffs so schnell wie möglich eindämmen und beseitigen zu können.