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Ukraine und das neue Bündnis

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Berichte Ukraine

Wegen einer möglichen Invasion durch Russland steht die Ukraine seit Wochen im Zentrum der internationalen Politik. Das zeigt sich auch an der intensiven Besuchsdiplomatie in Kiew selbst. Außenminister aus aller Herren Länder, von allem aber aus Europa geben einander in Kiew die Klinke in die Hand. Besonderes Gewicht hatte gestern aber die Besuche des polnischen Parlamentspräsidenten und des britischen Premierministers Boris Johnson, der heute in Moskau auch Präsident Vladimir Putin trifft. In Kiew betonte Johnson bei einer Pressekonferenz mit Präsident Volodimir Selenskij, dass Großbritannien in dem Augenblick Sanktionen gegen Russland verhängen würde, in dem der erste russische Soldat seinen Fuß in die Ukraine setzte. Diese Aussage ist nicht besonders neu, neu ist aber die Koalition, die Polen, Großbritannien und die Ukraine nun bilden, berichtet aus Kiew unser Korrespondent Christian Wehrschütz:

Großbritannien spielte vor allem in den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit der Ukraine eine wichtigere politische Rolle im Land, die aber keinen dauerhaften Bestand hatte. Seit dem Brexit ist London nun bestrebt, in Kiew wieder stärker Fuß zu fassen. Dazu zählen Kredite für die Stärkung der ukrainischen Kriegsmarine, die Lieferung von 2000 Stück panzerbrechender Waffen, die Ausbildung der Soldaten und eine Finanzhilfe von 120 Millionen Dollar. Injiziert hat diese Allianz, der auch Polen angehört, die politische Führung in Kiew, die die Gunst der Stunde nach dem Brexit zu nutzen wusste. Dazu sagt der Leiter des EU-Ausschusses im ukrainischen Parlament Grigorij Nemirija:

Nemirja

31'27'8 - Rolle Londons in der Ukraine - 33'14'3

"Natürlich hat diese Entwicklung auch mit der Suche von Großbritannien nach seinem Platz in Europa nach dem Brexit zu tun. Auf jeden Fall begrüßen wir die britische Hilfe, vor allem dort, wo die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine schwach ist; das betrifft insbesondere die Flotte im Schwarzen und Asowschen Meer. Großbritannien hilft uns durch Taten und nicht nur mit Worten."

An guten Worten für die Ukraine mangelte es in den vergangenen Monaten in der Tat nicht. Doch wurde Kiew wieder einmal klar vor Augen geführt, wie weit entfernt eine Perspektive für eine NATO- und EU-Mitgliedschaft ist. Kleine Allianzen sind eine der Möglichkeiten, die daher genutzt werden. Die politische Entwicklung bewertet der Politologe Kost Bondarenko so:

Bondarenko 3'26'9 Ukraine profitiert als Objekt der Weltpolitik und GB!! - 4'43'5

"Die Ukraine ist zwar auf die internationale politische Tagesordnung zurückgekehrt, aber nicht als Subjekt, sondern als Objekt, über das gesprochen wird. Parallel dazu kommt es zu einer gewissen Neuorientierung; orientierte sich die Ukraine früher ausschließlich an den USA, so übernimmt die Rolle als wichtigster Partner Großbritannien. Das zeigt die Erklärung über eine Dreier-Union zwischen Großbritannien, der Ukraine und Polen. In der Realität kommt es zu einer neuen Kräfteverteilung in Europa."

Doch über die Sicherheitsarchitektur verhandeln die USA und Russland; die EU ist Zaungast, die Ukraine mögliches Schlachtfeld. Daher betont der erfahrene Außenpolitiker Grigorij Nemirija:

Nemirija

34'37'7 - Künftiger Status Ukraine kein Vakuum - 36'16'8

"Wir können nicht in die Zukunft sehen, doch was es zu vermeiden gilt ist, dass die Ukraine weiter in einem Sicherheitsvakuum, in einer Grauzone existiert. Wie eine künftige Sicherheitsarchitektur aussehen kann, ist jetzt schwer zu sagen, doch vielleicht gibt es nicht nur ein entweder oder. Gewährleistet muss die Sicherheit der Ukraine sein, die nicht wieder Opfer eines Kampfes zwischen Großmächten sein darf."

Der Wunsch ist berechtig, ob er in Erfüllung gehen wird, bleibt aber fraglich.

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