× Logo Mobil

Stimmungslage der ukrainischen Bevölkerung

Fernsehen
MiJ
Berichte Ukraine

In der Ukraine-Krise war auch diese Woche von einer massiven Reise-Diplomatie geprägt. Der amerikanische Außenminister Antony Blinkin war in Kiew, in Berlin und gestern auch in Genf, wo er mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow über eine friedliche Beilegung der Krise verhandelte. Ob diese Gespräche zu einer Entspannung führen werden, ist offen. Klar ist leider, dass diese Woche auch von beträchtlichen militärischen Aktivitäten geprägt war. Dazu zählen die russisch-weißrussischen Militärmanöver sowie weitere Verlegungen russischer Waffensysteme ins weißrussisch-ukrainische Grenzgebiet zu Ukraine. Andererseits hat Großbritannien sogenannte Militärberater in die Ukraine geschickt, und Litauen und Tschechien wollen Waffen liefern. Nach Umfragen hält ein Drittel der Ukrainer einen Angriff Russlands für wahrscheinlich. Über die Stimmungslage der Bevölkerung und ihre Haltung zu Russland berichtet aus Kiew unseres Ukraine-Korrespondenten Christian Wehrschütz

Acht Jahre sind bereits seit der Maidan-Revolution in Kiew und seit dem Beginn des Krieges in der Ostukraine vergangenen. Diese Zeit hat auch das Verhältnis zwischen Ukrainern und Russen, zwischen den beiden ehemaligen sogenannten Brudervölkern, verändert. Nur etwa 12 Prozent der Bevölkerung, insbesondere im prorussischen Osten, haben eine positive Meinung von Vladimir Putin; doch auch die Haltung zu Russland, hat sich stark gewandelt, betont in Kiew der Meinungsforscher Lubomir Misiv:

„Was die Haltung zu Russland betrifft, so hängt das von der Fragestellung ab. Fragt man, ob Russland ein Aggressor ist, so sagen 70 Prozent ja. Doch fragt man die Bürger, welche Einstellung sie zu Russland haben, so sind etwa 60 Prozent negativ. Denn viele im Osten der Ukraine haben Verwandte in Russland, reden mit ihnen, und sehen Russland nicht als derartige Bedrohung an. Doch auch hier kam es zu starken Änderungen. Bis 2014, bis zum Krieg, hatte eine Mehrheit der Ukrainer eine positive Einstellung zu Russland, und diese Zahl nimmt immer mehr ab."

Dabei darf nicht vergessen werden, dass Vladimir Putin eben ausgerechnet die prorussischen Gebiete wie die Halbinsel Krim und die Städte Donezk und Lugansk unter seine Kontrolle gebracht hat, die politisch in der Ukraine keinen Einfluss mehr ausüben können. Hinzu kommt auch eine klare Politik der sprachlichen Ukrainisierung, die offenbar von der Bevölkerung gebilligt wird, wenn die Umfragewerte stimmen, die Lubomir Misiv präsentiert:

 

"Nach dem Jahre 2014 ist die Zahl derer, die der Ansicht sind, dass Ukrainisch die einzige Staatssprache sein soll, einfach enorm gestiegen. Fast 80 Prozent sind dieser Ansicht. Wenn man das mit dem Jahr 2014 vergleicht, so waren das damals nur 50 Prozent. Somit hat Vladimir Putin auch den Effekt gehabt, dass er zur Nationsbildung beiträgt, und so weiß auch die russisch-sprachige Bevölkerung der Ukraine wer sie ist, weil eine äußerer Feind den Bürgern diese Entscheidung abverlangt, ob er für sein Land oder den Feind ist."

Dazu zählt, dass die Verteidigungsbereitschaft der Ukrainer gestiegen ist, und zwar auch gegenüber Russland und auch im Osten der Ukraine, betont Lubomir Misiv:

 

"Die Hälfte der Bevölkerung sind bereit, ihr Vaterland zu schützen, doch jeder Dritte ist bereit, sein Land auch mit der Waffe in der Hand zu verteidigen also gegen Russland zu kämpfen. Im Westen sind 60 Prozent bereit zu kämpfen, im Osten sind es 25 Prozent der Bevölkerung."

Im Falle einer größeren Militäraktion müssten russische Truppen somit mit wachsendem Widerstand rechnen je weiter sie gegen Westen vorstoßen. Kampflos wie 2014 die Halbinsel Krim, würde ukrainisches Territorium heuer Russland somit sicher nicht in die Hände fallen.

Facebook Facebook