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Pandora Papers und Präsident Selenskij

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Berichte Ukraine

In der Ukraine stürzte die Maidan-Revolution vor fast sieben Jahren Präsident Viktor Janukovitsch; zu den Motiven der Demonstranten zählte auch der Kampf gegen die grassierende Korruption im Land. Sieben Jahre später lassen die vor kurzem veröffentlichten sogenannten Pandora-Papers Zweifel aufkommen, ob es bei Korruption und Steuerbetrug in der Ukraine tatsächlich zu tiefgreifenden Änderungen gekommen ist. Denn die unter dem Namen Pandora-Papers Journalisten zugespielten 11,9 Millionen Dokumente von sogenannten Offshore-Firmen in Steuerparadiesen zeigen, Politiker aus der Ukraine mit 38 Namen an erster Stelle der Rangliste. Dazu zählt der Name des amtierenden ukrainischen Präsidenten Volodimir Selenskij und seiner unmittelbaren Umgebung. Einen Bericht darüber hat in Kiew die Journalisten-Plattform Slidstvo.info verfasst. Mit ihrer Chefredakteurin hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz gesprochen; hier sein Bericht:

Bevor Volodimir Selenskij im Jahre 2019 zum Präsidenten gewählt wurde, war er mit seiner Gruppe „Quartal 95“ schon viele Jahre erfolgreich im Show-Geschäft als Kabarettist und Schauspieler tätig. Das Netzwerk an offshore-Firmen reicht bis in Jahre 2012 zurück und umfasst Firmen, die auf den Britischen Jungfrauen Inseln und Zypern auch auf den Namen von Selenskijs Gattin und auf enge Mitarbeiter registriert sind; einer von ihnen ist nun ironischer Weise Chef des Geheimdienstes, der sich offiziell auch dem Kampf gegen die Korruption verschrieben hat. Auf einen dieser Weggefährten übertrug Selenskij nur wenige Wochen vor seiner Wahl zum Präsidenten seine Anteile. Noch gravierender ist, dass bei diesem Netzwerk auch der Oligarch Igor Kolomojskij ins Spiel kommt, bei dessen TV-Sender der Kabarettist viele Jahre auftrat, und der ihn im Wahlkampf unterstützte. Nach Berechnungen der ehemaligen Präsidentin der ukrainischen Nationalbank, Olena Goncharova, sollen 40 Millionen US-Dollar von Kolomojskijs Netzwerken früherer auf Konten bewegt worden sein, die mit Selenskij und seinem Umfeld in Verbindung stehen. Dazu sagt die Chefredakteurin der Online-Plattform Slidsvo Info, Anna Babinec, die diese Dokumente ebenfalls durchforstet hat:

6‘15‘5 - 40 Millionen Kolomojski und Selenskij - 7'10'6

„Unsere Untersuchung hat auch gezeigt, dass diese Kolomojskij-Firmen in Verbindung stehen mit der Geldwäsche in der Privatbank, wobei diese Gelder dann auf Konten bewegt wurden, die dem Quartal 95 zu zurechnen sind. Doch ob dafür eine Gegenleistung erbracht wurde, ist unklar; auch wegen des Bankgeheimnisses können nur Kolomojskij, Selenskij und ihre Partner offenlegen, ob für die 40 Millionen eine Leistung erbracht wurde, oder ob sie nur über diese Firmen gewaschen, und damit Wohnungen in London gekauft wurden; spekuliert wird, dass das eine mögliche Gebühr für die Hilfe bei der Geldwäsche gewesen sein könnte; doch das ist Sache der Justiz."

Präsident Selenskij gab sich zu diesen Vorwürfen wortkarg, ignorierte Anfragen vieler bekannter ausländischen Medien und gab nur einem ihm loyalen Sender ein Interview. Die Untersuchungen von Slidstvo info bezeichnte Selenskij als alten Hut; sein Sprecher wies alle Vorwürfe der Geldwäsche zurück und verwies darauf, dass alle Dokumente auf die Zeit vor Selenskijs Wahl zum Präsidenten datieren. Trotzdem ist nicht nur die Optik fatal; der selbsternannte politische Sauermann nutzte selbst Offshore-Firmen, zumindesten um Steuern in der Ukraine zu vermeiden, und damit auch in dieser Hinsicht um nichts besser als sein oligarchischer Vorgänger Petro Poroschenko; in dessen Amtszeit wurde Kolomojskijs Privatbank verstaatlicht und mit fünf Milliarden US-Dollar an Steuergeldern vor dem Zusammenbruch gerettet.  

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