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Die Grenzen in der Ostukraine

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Berichte Ukraine

Die unabhängige Ukraine wird am Dienstag 30 Jahre alt. Am 24. August 1991 verabschiedete das Parlament in Kiew die Loslösung von der Sowjetunion, die bei einem Referendum am 1. Dezember dann vom Volk bestätigt wurde. Die Bilanz des Landes ist bestenfalls gemischt, auf jeden Fall aber überschattet durch die Annexion der Krim und den Krieg in der Ostukraine. Um die Krim wieder ins internationale Bewusstsein zu bringen, veranstaltet Kiew morgen eine internationale Konferenz an der Spitzenpolitiker aus 40 Ländern teilnehmen. Dazu zählt auch Angela Merkel, die davor mit Vladimir Putin in Moskau auch über den Krieg in der Ostukraine gesprochen hat. Ein Ende ist nicht in Sicht, auch, weil die Ukraine den Friedensplan von Minsk nicht umsetzen will. Immer stärker wird die Integration der Gebiete von Donezk und Lugansk in Russland, und immer stärker auch die Isolation der Bevölkerung in den prorussisch-kontrollierten Gebieten:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ostukraine

Insert1: Svetlana, Bewohnerin der Stadt Lugansk

Insert2: Tetjana Letoschenko, Ukrainische Grenzpolizei

Insert3: Raissa, Bewohnerin im Dorf Katerinowka

Insert4: Volodimir, Fahrer aus der Ostukraine

Insert5: Volodimir, Fahrer aus der Ostukraine

Gesamtlänge: 4’45

Der Übergang bei Stanica Luganska, 20 Kilometer von Lugansk entfernt, ist der einzige Kontrollposten, den Bewohner der russisch kontrollierten Gebiete nutzen können, um auf ukrainisch-kontrolliertes Territorium zu gelangen; doch auch hier gibt es Einschränkungen durch die prorussische Führung. Erstens darf eine Person nur ein Mal pro Monat passieren; zweitens dürfen nur Bewohner von Lugansk den Übergang nutzen, nicht aber Bewohner von Donezk:

Stanica Luganska Svetlana 0'52 - 1'04'7 - Leichter - Autoübergänge - 1'26'5

"Gut wäre es, wenn sie Kontrollposten öffneten, die man mit dem Auto passieren kann. Das wäre auch näher; jetzt gibt es nur einen Übergang, das ist wenig für diese Menge an Leuten. Wenn sie Schastije öffneten, wo man auch mit dem Autobus fahren kann, das wäre ausgezeichnet für uns."

Schastije ist ein seit November 2020 fertiger Übergang und liegt nur 16 Kilometer von Lugansk entfernt. Doch die prorussischen Machthaber finden immer wieder Ausflüchte um seine Öffnung nicht zuzulassen. Daher herrscht hier gähnende Leere.

Schastije Oberleutnant Tetjana Letoschko,

1'38'2 - gähnende Leere - 1'52'8

"Seit der Fertigstellung haben nur 10 Personen den Kontrollposten passiert. Heuer versuchte es eine Familie, doch sie wurde auf der anderen Seite nicht durchgelassen."

Leere herrscht auch am Übergang Zolote, der ebenfalls in Richtung Lugansk führt. Hier gibt es aber etwas Anrainerverkehr, weil das Dorf Katarinowka direkt beim Kontrollposten liegt. Der Bäcker bringt regelmäßig frisches Brot in das Dorf, ein Bauer Milch und andere Lebensmittel. Die triste Lage zeigt auch hier ihre Wirkung:

Raissa Katarinowka beim Checkpoint Zolotoe/Zolote

0'02'5 - Lage und Abwanderung 0'30'6

"Früher gab es hier1500 Einwohne, jetzt sind es keine 200; aus dem ganzen Dorf geht heuer nur ein Bub in die Schule; Jugend gibt es keine, sie ist abgewandert und arbeitet gibt es hier keine; das Dorf liegt im Sterben."  

Nur zwei Mal pro Woche geöffnet ist Novotrojzkoje, der Hauptübergang von der Hafenstadt Mariupol in die prorussische Rebellenhochburg Donezk. Für das Passieren bedarf es einer speziellen Genehmigung aus Donezk. Am Montag der Vorwoche waren es insgesamt 700 Personen, die diesen Übergang nutzen konnten; vor Corona waren es mehr als 10000 pro Tag.

Die Isolation vor allem der Bewohner von Donezk hat massive Folgen für die Bevölkerung von der Beschränkung persönlicher Kontakte bis hin zu den Mühen an die ukrainische Pension zu kommen. Der einzig praktikable Weg ist der ukrainisch-russische Grenzübergang Milivoje; doch das bedeutet eine Fahrt von mehr als 1000 Kilometer und mehr als 24 Stunden. Äußerst schleppend verläuft die Grenzabfertigung, die Ukrainer aber auf sich nehmen, etwa um Tochter und Enkel besuchen zu können:

0'42'4 - Besuchsgrund - 44'7

"Dort leben meine Tochter und meine zwei Enkel."

Der Andrang ist aber auch wegen der vielen Rentner so groß, die auf ukrainischer Seite ihre Pension abheben müssen, erläutert der Fahrer Mykola, der sein Gesicht nicht zeigen will:

Mykola 2'34'8 - Pensionist und Grenzschließung - 3'29'7

"Im März 2020 wurden die Kontrollposten geschlossen; doch viele Menschen fahren erste jetzt zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren auf die andere Seite. Selbst in Falle einer Mindestpension von 80 Euro im Monat macht das 1,200 Euro aus, daher die Fahrten. Generell zahlt es sich bei Mindestpensionen nicht aus einmal in drei Monaten zu fahren, weil allein die Reise und die Verpflegung mehr kosten."

Und warum fährt man nicht über die Grenze bei Charkiw?

1'10 - Charkow, Korruption - 1'25'4

"Beim Grenzübergang Charkiw blüht die Korruption. Ein Kleinbus mit acht Personen muss mindestens 100 US-Dollar zahlen, damit die Abfertigung zügig erfolgt. Das sind die Zustände an dieser ukrainischen Grenze."

Die Straße nach Milivoe hat Kiew instand gesetzt; doch seine Bereitschaft, die Friedensvereinbarung von Minsk umzusetzen, ist ebenso gering wie bei allen anderen Konfliktparteien. Ein gutes Geschäft ist die Blockade für die Fahrer von Kleinbussen, denn eine Fahrt nach Donezk und zurück kostet etwa 150 Dollar. Doch es gibt noch viel größere Kriegsgewinnler, während auch in der Ostukraine die Bevölkerung die Zeche bezahlen muss.

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