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Ein Jahr nach Paris und die Lage in der Ostukraine

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Berichte Ukraine

Fast sechs Jahre dauert nun schon bereits der Krieg in der Ostukraine, und eine Friedenslösung ist noch immer nicht in Sicht. Vor einem Jahr war das anders; denn Anfang Dezember fand in Paris nach drei Jahren Pause zum ersten Mal wieder ein Ukraine-Gipfel im sogenannten Normandie-Format statt. Daran nahmen die Präsidenten der Ukraine, Russlands, Frankreichs und die deutsche Kanzlerin teil. Doch bis jetzt sind nur wenige Punkte der damals getroffenen Vereinbarung umgesetzt worden; positiv ist, dass die Feuerpause bereits mehrere Monate hält. In einer Sackgasse sind auch die Friedensverhandlungen in Minsk unter Führung der OSZE. Warum das aus ukrainischer Sicht so ist, darüber hat in Kiew unser Korrespondent Christian Wehrschütz mit dem ukrainischen Delegationsleiter in Minsk, Leonid Kratwschuk gesprochen; hier sein Bericht:

Beim Gipfeltreffen in Paris vereinbarten die vier Staaten mehrere Punkte, einen Zeitplan für ihre Umsetzung sowie für ein weiteres Treffen im Normandie-Format. Es hätte bereits im April stattfinden sollen, kam aber nicht zustande. Inhaltlich wurde nur ein Punkt umgesetzt und zwar ein Austausch von Gefangenen, der zwei Mal erfolgte. Die Ukraine hat an der 450 Kilometer langen Frontlinie auch einen weiteren Übergangspunkt errichtet; er ist aber praktisch nicht in Betrieb, weil die prorussischen Rebellen in Lugansk ihre Seite nicht geöffnet haben. Nicht stattgefunden haben auch die Lokalwahlen in den Rebellengebieten von Donezk und Lugansk, die für Oktober geplant waren. Ein Grund dafür ist, dass das Parlament in Kiew eine Resolution verabschiedet hat, die fordert, dass die Ukraine zuvor wieder ihre gesamte Grenze mit Russland kontrollieren muss, ehe gewählt werden kann. Diese Forderung widerspricht klar dem Text der Friedensvereinbarung von Minsk. Warum sie trotzdem erhoben wird, erläutert Leonid Krawtschuk so:

7'17 - Keine Voraussetzungen für Wahlen - 10'12'8

"Auf diesen Gebieten befinden sich russische Soldaten sowie lokale militärische Einheiten. Dort hat die ukrainische Regierung keinerlei Einfluss, ukrainische Gesetze, Medien und Parteien gibt es nicht. Daher stellt sich die Frage, ob man dort Wahlen unter ukrainischer Gesetzgebung abhalten und dann diesen Wahlen auch noch Legitimität zusprechen kann, wenn es dort keine ukrainischen Institutionen gibt, die Wahlen nach europäischen Standards abhalten könnten. Daher sagen wir, dass zunächst eine Entmilitarisierung der Gebiete erfolgen muss, und dann die anderen Bedingungen geschaffen werden müssen. Daher muss die Ukraine für diese Gebiete und für die Grenzen verantwortlich sein, ehe es Wahlen gibt."

Diese Haltung nützen Russland sowie die Rebellen in Donezk und Lugansk um auch alle anderen Themen zu blockieren, die in Minsk auf der Tagesordnung stehen. Faktum ist, dass der Friedensplan von Minsk in der Ukraine stets umstritten war; warum erläutert Leonid Krawtschuk so:

11'31 - Minsk Ohne Änderung kein Fortschritt - 12'14

"Ich sage offen, dass die Vereinbarung von Minsk unter Druck angenommen wurde. Dabei hat die ukrainische Regierung keine Argumente gefunden und den Fehler gemacht, dass einige Punkte in der Fassung angenommen wurden, die man einfach nicht erfüllen kann."

Doch eine realistische Alternative zu Minsk hat Kiew trotz mehrfacher Ankündigungen nicht vorgelegt. Ob sie überhaupt existiert ist fraglich, weil Russland, Deutschland und Frankreich an diesem Plan festhalten. Die Zeit arbeitet jedenfalls gegen die Ukraine. So haben Donezk und Lugansk im Herbst auch völlig auf das russische Schulsystem umgestellt, und die Trennung von Kiew wird immer stärker je länger eine Reintegration auf sich warten lässt.

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