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Corona Virus und die prorussischen Rebellengebiete der Ostukraine

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Berichte Ukraine

Das Corona Virus kennt bekanntlich keine Grenzen und macht auch vor Frontlinien nicht halt. Das zeigt sich deutlich auch in den Kriegsgebieten der Ostukraine; offiziell wurden im prorussischen Rebellengebiet von Lugansk bisher drei Personen registriert, die mit dem Virus infiziert sind, im Raum Donezk sind es drei Infizierte; die Dunkelziffer könnte aber deutlich höher sein. Mehr als 10.000 Personen sind im Raum Donezk in sogenannter Selbstisolation; das sind vor allem Personen, die noch vor Schließung der Grenzen in das Rebellengebiet zurückgekehrt sind:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz

Insert1-3: Olga Dolgoschapko, „Gesundheitsministerin“ in Donezk

 

Insert2: Cyril Jaurena, Vertreter des IKRK in Donezk

Gesamtlänge: 4’01

In Donezk sind derzeit mehr Autos auf den Straßen zu sehen als Einwohner. Für Personen älter als 65 Jahre gilt eine Ausgangssperre; nur im engen Umkreis darf der Hund Gassi geführt und eingekauft werden; die Einschränkung gilt bis zum 17. April. Die Krankenhäuser versuchen so gut wie möglich, für Corona-Virus-Fälle gewappnet zu sein. In der Stadt Enakiewo sind Vier-Bett-Zimmer für mögliche Infizierte hergerichtet; sie sollen Patienten von medizinischem Personal isoliert halten. 450 derartige Betten gibt es insgesamt; der größte Mangel besteht aber beim Personal:

"Derzeit fehlen uns 6.000 Ärzte, 7500 Personen beim mittleren medizinischen Personal, und natürlich werden uns im Falle einer Epidemie Mediziner insgesamt fehlen. Bei uns arbeiten im Bereich der Infektionsabteilungen bereits Ärzte, die keine derartige Spezialisierung haben. Dazu zählen auch Chirurgen. Je nach Entwicklung der Lage, brauchen wir zusätzliche Kräfte; daher werden wir auch Studenten unserer medizinischen Universität in Donezk einsetzen sowie alle Ärzte, die bereits ihren Turnus machen. Sie werden alle in den Krankenhäusern eingesetzt werden, sollte das nötig sein, bis hin zur Versorgung der Patienten."

Und wie viel Tests wurden bisher durchgeführt?

"Ärzte führen die Tests in drei Laboratorien durch, die sich in einem Zentrum befinden. Im Durchschnitt können pro Tag zwischen 30 und maximal 40 Tests durchgeführt werden, denn sie sind kompliziert und hängen auch von der Kapazität der Apparate ab; mehrere hundert Tests pro Tag können wir nicht durchführen. Doch es gibt auch noch andere Laboratorien wie etwa für AIDS oder Tuberkulose sowie private Laboratorien; doch noch besteht keine Notwendigkeit, weil unsere Kapazitäten ausreichen. Bis jetzt haben wir mehr als 200 Tests an Personen mit seriösen Symptomen durchgeführt; davon waren drei positiv."

Und wie glaubwürdig sind so wenig registrierte Fälle?

"Wir sehen so viele Infizierte in Russland und in der Ukraine, doch warum dann bei uns so wenige. Man glaubt uns nicht, dass es überall so viele gibt, bei uns aber so wenige. Es klingt paradox, doch die völlige Zerstörung des Flughafens in den Jahren 2014 und 2015 sowie die Unterbrechung der Eisenbahnverbindungen führten zu einer Isolation, die uns nun retten, so paradox das klingt. Denn nun haben wir große Bewegungsströme über Russland und die Ukraine, weil unsere Bürger nur dort Flugzeuge nutzen können. Daher gibt es auch dort sehr viele Infizierte. Doch das heißt natürlich nicht, dass sich die Infektion nicht auch bei uns ausbreiten kann."

Eingerichtet wurde auch ein Call Center; der Selbstschutz ist hier durchaus ausbaufähig. Geschlossen sind die Übergänge nach Lugansk, nach Russland und in die Ukraine. Ein Hilfskonvoi des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz kam nun zum ersten Mal seit drei Wochen durch. Geliefert wurden unter anderem 10 Tonnen an Hygienebeuteln und Medizin für chronisch Kranke. Versorgt werden auch Personen, die an der Frontlinie leben. Der Bedarf an Hilfe ist generell groß:

"Wir wollen auch in den Gefängnissen helfen können; sollte jemand auf so engem Raum infiziert sein, wäre das sehr schlecht."

Kommende Woche will das Rote Kreuz auch Ausrüstungen im Kampf gegen das Corona-Virus liefern; trotz der Gefahr einer Epidemie schweigen die Waffen noch immer nicht. In den vergangenen Tagen stieg die Zahl der Opfer in der Ostukraine sogar wieder an, und bei den Friedensgesprächen in Minsk ist auch keine politische Lösung in Sicht.

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