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Der Damenchor an der Frontlinie

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Berichte Ukraine

Seit mehr als fünf Jahren herrscht Krieg in der Ostukraine. Davon betroffen ist natürlich auch das kulturelle Leben in den Gebieten, die prorussische Separatisten kontrollieren aber auch auf beiden Seiten der Frontlinie. So triste die Lage dort ist, so sehr gibt es Theater und kulturelle Initiativen, die sich bemühen, der betroffenen Bevölkerung Entspannung und etwas Normalität im täglichen Leben zu bieten. Dazu zählt ein Frauenchor in der Ortschaft Zolote-1 auf der ukrainischen Seite der Frontlinie. 15 rüstige Damen proben hier gemeinsam mit ihrer Chorleiterin und treten auch in Schulen vor Soldaten im Kreis Lugansk auf. Besucht hat sie unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ostukraine

Insert1: Lilia Kuntschenko, musikalische Leiterin des Chors

Insert2: Valentina Maschtschenko, Mitglied des Chores

Gesamtlänge: 2’18

Der Ort Zolte1 ist ein gutes Beispiel dafür wie triste die Lage in der Ostukraine vielfach bereits vor dem Krieg war. Das Zentrum wirkt verfallen und trostlos – seit vielen Jahren hat hier niemand mehr ins Ortsbild und die Infrastruktur investiert. In einem Haus an der Hauptstraße probt regelmäßig der Chor „Nadija“ – zu Deutsch Hoffnung. Dargeboten werden ukrainische und russische Lieder, die die rüstigen Sängerinnen entweder zu Hause gesungen haben, oder die aus der Region des Donezbeckens stammen:

Die Kostüme haben die Damen selbst entworfen; geschneidert hat sie eine Bekannte, denn finanziell ist Schmalhans Küchenmeister. Unter die Arme gegriffen hat dem Chor eine UNO-Hilfsorganisation:

"Ich spiele mit sehr viel Energie, dann geht ein Knöpfel verloren, doch derartige Instrumente gibt es bei uns nicht. Gott sei Dank habe ich ein neues Instrument, das ich sehr schätze und schütze; es riecht so neu, wie ein neues Auto. Ich freue mich so, als hätte ich ein neues Auto, wenn ich auf diesem neuen Knöpfelakordeon spiele. Es ist so leicht."

Für das Ensemble ist der Chor ein entscheidender Lebensinhalt: „Ohne diese Entspannung würden wir verrückt werden“, sagt Valentina Tschernowa

Ernst genommen wird das Singen wie einst die Arbeit:

„Ich spüle rasch das Geschirr, und wir singen schon.“

Der Chor tritt kostenlos auf – bezahlt werden müssen nur die Reisekosten; den Mitgliedern sieht man ihre schwierigen Lebensumstände nicht an; viele müssen mit Pensionen von 90 bis 140 Euro auskommen, während die Heizung allen monatlich 60 Euro kostet. Der Lebensmut dieser Frauen ist ebenso bewundernswert wie ihre Gastfreundschaft: auch in der Ukraine ist sie offenbar dort am größten, wo die Menschen nur sehr wenig haben.

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