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Der Wahlkampf in der Ukraine für das Parlament

Fernsehen
ZiB2
Berichte Ukraine

Am Sonntag finden in der Ukraine vorgezogene Parlamentswahlen statt. Angeordnet hat sie Volodimir Selenskij, der vor drei Monaten die Präsidentenwahl mit 73 Prozent haushoch gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko gewonnen hat. Der Präsident hat weit mehr Vollmachten als in Österreich, doch um seine Ziele umsetzen zu können, braucht er eine Mehrheit im Parlament. Umfragen sagen Selenskijs Partei „Diener des Volkes“ etwa 40 Prozent voraus. Insgesamt treten 65 Parteien an, doch nur bis zu sieben Parteien haben die Chance, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Auf Platz zwei liegt mit großem Respektabstand eine prorussische Partei, um Platz drei kämpfen mit weniger als 10 Prozent weitere drei Parteien, darunter die Nationalisten das abgewählten Petro Poroschenko. Das Parlament zählt 450 Abgeordnete, gewählt werden nur 426, weil auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim und in den Kriegsgebieten der Ostukraine nicht gewählt werden kann. 225 Sitze werden über Parteilisten vergeben, der Rest in Wahlkreisen nach dem Mehrheitswahlrecht;

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine

Insert1: Olga Wasliewska-Smagluk, Kandidatin der Partei Diener des Volkes

Insert2: Olexandar Semenow, Ukrainischer Unternehmer

Insert3: Olga Wasliewska-Smagluk, Kandidatin der Partei Diener des Volkes

Gesamtlänge: 2’35

Volodimir Selenskij kann als Präsident nicht direkt in den Wahlkampf eingreifen. Doch die Popularität seiner Partei beruht auf Selenskijs Popularität; er ist im ganzen Land unterwegs, volksnah im Krankenhaus, am Puls der Sorgen der Bürger. Neben dem Fernsehen spielen soziale Netzwerke eine wesentliche Rolle; auch dort werden Video-Clips verbreitet, in denen sich Selenskij Partei an alle Schichten der Bevölkerung wendet. Die Botschaft lautet, nützt die Chance für einen Neubeginn, die sich nun bietet. Wahlkampf mit Bürgerkontakten finden vor allem in den Wahlkreisen statt, in denen Kandidaten direkt gewählt werden. Dazu zählt ein Besuch in einer Fabrik die Fensterrahmen erzeugt. Irina Wereschtschuk hat einen sicheren Platz auf Selenskijs Liste. Sie unterstützt ihr Kollegin Olga Wasliewska-Smagluk; die 34-jährige Journalistin tritt im Kreis Kiew gegen den lokalen Platzhirschen an, dessen zweite Amtszeit nun endet. Zum direkten Gespräch mit den Arbeitern kommt es nach der Werksführung:

"Ich glaube, dass wir das Leben zum Besseren wenden können, und zwar für unsere Kinder. Sie arbeiten hier und nicht in Polen oder Deutschland. Bitte wandert nicht aus, und geht am 21. Juli wählen. Danke"

Der Applaus ist freundlich, doch ob neue Wähler gewonnen wurden, muss natürlich offen bleiben. Das Treffen mit Unternehmern in der Stadt Wischgorod 18 Kilometer von Kiew entfernt. Ist ein Heimspiel für die Kandidatin. Die Unzufriedenheit mit dem Abgeordneten und der Stadtverwaltung ist groß:

„Für den Abbau von Rohstoffen brauchen wir eine spezielle Genehmigung. Der Prozess ist so korrumpiert und langwierig, dass das Verfahren fast neun Jahre gedauert hat. Doch Banditen schmieren Polizei und Staatsanwaltschaft und bauen Rohstoffe einfach schwarz ab.“

Der Kampf gegen die Korruption ist nur ein Grund, warum sich die Mitter zweier Kinder entschieden hat, für Selenskijs Partei zu kandidieren:

"Wovon reden wir, wenn wir in ein Dorf fahren, wo es hungernde Kinder wie in Afrika gib, wo mich Bewohner fragen, wie man mit 40 Euro im Monat überleben soll? Ich will diesem Land und meinen Kindern eine Chance geben."

Ob Partei und Präsident diese Chance nützen werden, wird sich nach der Wahl und nach der Regierungsbildung zeigen.

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