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Wie weiter in der Ukraine nach der Bulle

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Am 6. Jänner, dem Orthodoxen Weihnachtsfest, gewährte der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus, der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche die Autokephale, spricht die Selbständigkeit. Diese Kirche ist ein Zusammenschluss aus zwei Kirchen in der Ukraine, während die Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats in der Ukraine dem Vereinigungskonzil de facto fern blieb. Auf massive Kritik stieß und stößt die Entscheidung von Bartholomäus auch in anderen Orthodoxen Kirchen. Beim Treffen der Patriarchen der russisch- und der serbisch-Orthodoxen Kirche, Kiril und Irinej, in Moskau sprachen beide von einer großen Herausforderung für die gesamte Orthodoxie, die noch dazu vom Zentrum der Orthodoxie ausgehe. Kiril verurteilte die Anerkennung neuerlich scharf. Kiril traf in diesen Tagen mit mehreren orthodoxen Kirchen zusammen; zentrales Thema war die Lage in der Ukraine, wo der Aufbau der eigenen Autokephalen Kirche weitergeht; aus Kiew berichtet unser Korrespondent Christian Wehrschütz

Mit etwa 12.000 Gemeinden ist die Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats in der Ukraine weit größer als die Ukrainische Orthodoxe Kirche, die von Konstantinopel die Autokephalie erhielt. Voraussetzung dafür war die Vereinigung zweier Orthodoxer Kirchen, die Mitte Dezember in Kiew vollzogen wurde. Aus dem Moskauer Patriarchat traten bisher zwei Bischöfe und etwa 100 Gemeinden zur neuen Autokephalen Kirche über. Nach Angaben des Moskauer Patriarchats soll es wiederholt auch zu Versuchen gekommen zu sein, den Übertritt mit massivem politischem Druck zu erzwingen. Diese Probleme gibt es vor allem in kleinen Dörfern, während es in Kiew durchaus Beispiele für friedliche Übertritte gibt. Sie regelt seit Jänner ein Gesetz; demnach müssen zwei Drittel der Pfarrgemeinde für die Übertritt stimmen, und dann ein Protokoll unterschreiben, das notariell beglaubigt werden muss. Bisher war die Zahl der Übertritt gering. Dazu sagt das geistliche Oberhaupt der neuen Ukrainisch-Autokephalen Kirche, der Metropolit von Kiew, Epifanij Dumenko:

"Künftig wird es viele Übertritte geben. Jede religiöse Gemeinde hat das Recht ihre Zugehörigkeit zu ändern, doch bisher gab es keine klare gesetzliche Regelung, wie diese Änderung zu erfolgen hat. Diese Frage hat der Staat nun geregelt, damit alles friedlich und freiwillig abläuft, und Konflikte vermieden werden können. Wir glauben, dass es auf der Basis dieser Gesetze keine Konflikte geben wird."

Rechtlich gesehen fehlt derzeit eigentlich noch die Basis für die Übertritte, weil sich die neue Kirche noch nicht als Rechtspersönlichkeit in der Ukraine registriert hat. Dazu sagt Metropolit Epifanij:

"Jetzt sind die juristischen Formalitäten auf staatlicher Ebene im Laufen. Es gibt keinen Präzedenzfall in der Geschichte des ukrainischen Staates einer Vereinigung derart großer kirchlicher Strukturen wie der Autokephalen Ukrainischen Kirche und der Kirche des Kiewer Patriarchats. In einigen Tagen wird als Leitungsorgan dann bereits die Kiewer Metropolie der Orthodoxen Kirche der Ukraine registriert sein. Zu ihr werden alle Diözesen gehören, die am 15. Dezember 2018 am Vereinigungssynod in der Sophien-Kathedrale teilgenommen haben. Wir sind in der Endphase dieser rechtlichen Prozesse und dann wird es nur mehr die einige, eigenständige Orthodoxe Kirche der Ukraine geben, die dann auch als Rechtspersönlichkeit registriert sein wird."

Eine neue Registrierung fordert der Gesetzgeber auch vom Moskauer Patriarchat. Es soll durch ein Gesetz gezwungen werden, seinen Namen zu ändern, der einen Hinweis auf Russland enthalten muss. Nach Ansicht des Moskauer Patriarchats ist das Gesetz verfassungswidrig, weil es in die religiöse Autonomie eingreift. Dieser Ansicht sind auch oppositionelle Abgeordnete, die sich an den Verfassungsgerichtshof in Kiew gewandt haben. Die kirchenpolitische Lage in der Ukraine bleibt somit gespannt, nicht zuletzt wegen des Krieges in der Ostukraine und der Ende März bevorstehenden Präsidentenwahl. Wahlkampfthema ist auch die Autokephalie.

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