Donezk zwischen Beschuss und bescheidenem Luxus
Vor dem Krieg war die prorussische Rebellenhochburg Donezk neben Kiew die am besten entwickeltste Stadt in der Ukraine. Hinzu kommt, dass vor der Fußball-Europameisterschaft des Jahres 2012 sehr stark in die Infrastruktur von Donezk investiert wurde. Davon lebt diese Stadt noch heute, obwohl vier Jahre Krieg durch Zerstörung und Auswanderung natürlich massive Spuren hinterlassen haben. Trotzdem versuchen auch in Donezk die Menschen so weit wie möglich ein normales Leben zu führen, und es gibt auch Bevölkerungsschichten, die sich wieder einen bescheidenen Luxus leisten können.
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Donezk
Insert1: Sergej Medjanzew, Direktor von DonCiti
Gesamtlänge: 2’18
Vor dem Krieg war Donezk fast eine Millionen-Stadt; genaue Angaben zur aktuellen Einwohnerzahl fehlen, doch Schätzungen gehen von bis zu 800.000 Bewohnern aus. Massive Kriegsschäden gibt es vor allem in einigen Außenbezirken und in der Nähe des Flughafens, von dem nur mehr Ruinen geblieben sind. Nur selten beschossen wurde das Zentrum; dort steht der wichtigste Konsumtempel der Stadt - DonCiti. Den Vergnügungspark gestalteten renommierte internationale Designer. Die Besucherzahlen sind geringer als vor dem Krieg, der auch hier spürbar ist. Nur drei von acht Kinos sind in Betrieb; wegen der Russland-Sanktionen fehlen Straßenfeger aus Hollywood. Die teuerste Karte kostet umgerechnet drei Euro, die Preise blieben somit weitgehend gleich. Im Einkaufszentrum fehlen weltbekannte Marken fast völlig – wiederum wegen der Sanktionen gegen Russland; die wenigen Marken, die es gibt, sind meist ältere Kollektionen. Etwa 7.000 Personen kommen täglich in die DonCiti; wer sind diese Besucher, die sich hier einen Einkauf leisten können?
"Die meisten Besucher sind Stammkunden; sie legen auf Qualität und große Auswahl wert. Natürlich haben viele Menschen dieses Gebiet verlassen und der Umfang der Käufer ist geringer. Doch es gibt Personen, die Geld haben, weil es private Betriebe gibt, die arbeiten; außerdem haben große Betriebe des Kohlbergbaus und der Metallverarbeitung die Arbeit wieder aufgenommen. So haben wir Konsumenten, die hier Geld ausgeben; das sind nicht mehr Summen wie früher, wo man 200 bis 300 US-Dollar ausgegeben hat; jetzt sind das vielleicht 100 US-Dollar und beim Einkaufen wählt man genauer aus, doch diese Käuferschichten gibt es."
Die geänderte Lage spüren nicht nur die Geschäfte, sondern auch DonCiti. Die Preise pro Quadratmeter mussten massiv reduziert werden; außerdem werden nun deutlich kleinere Flächen nachgefragt. Dazu zählt dieses Geschäft, in dem die Kreationen lokaler Designer angeboten werden – auch ein Zeichen für den Überlebenswillen von Donezk, dessen früherer Glanz ohne Frieden wohl nicht wiederkehren wird.