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Die ukrainischen Raketenbauer von der SS-18 zum Maritime launch

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Berichte Ukraine

Die Ukraine – das war im landläufigen Verständnis die Kornkammer der Sowjetunion; auch nach deren Zerfall im Jahre 1991 hielt sich dieses Klischee, vielleicht noch angereichert um die vielfach veraltete Schwerindustrie im Osten des Landes. Doch die Ukraine war auch ein Zentrum sowjetischer Rüstungsindustrie; so war die Stadt Dnipropetrowsk ein entscheidendes Zentrum für den Bau von Satelliten und Atomraketen im Kalten Krieg. Dessen Ende und der Zusammenbruch der Sowjetunion stellten die führenden Werke Jushnoe und Jushmash vor existentielle Probleme. Bei der Umstellung hat die Ukraine viel Zeit verloren und Lehrgeld gezahlt. Dass Technik und Wissen noch immer ihren Wert haben, zeigt aber wohl die Anschuldigung durch US-Medien, ukrainische Konstruktionspläne für Raketenmotoren seien in die Hände Nordkoreas gelangt. Faktum ist, die internationale Zusammenarbeit nimmt bei der zivilen Nutzung von Raketen und Satelliten wieder zu; diese Kooperation mit den USA, mit Europa und anderen Staaten ist für diese technologische Schlüsselindustrie lebenswichtig, weil die Ukraine selbst nicht genug Geld hat, um stark im Weltraum präsent zu sein.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Dnipropetrowsk

Insert1: Dmitri Posnjakow, Stellvertretender Generaldirektor KB Jushnoe  

Insert2: Alexander Kuschnarjow, KB Jushnoe

Gesamtlänge: 3’04

Die SS-18 mit dem NATO-Codenamen „Satan“ war die größte Interkontinentalrakete, die im Kalten Krieg in Dienst gestellt wurde. Sie konnte alle strategischen Ziele wie gehärtete Raketensilos und unterirdische Kommandobunker bekämpfen. Ein abgerüstetes Exemplar der SS-18 steht auf dem Gelände des Konzerns Jushnoe; Jushnoe ist das Konstruktionsbüro, Jushmash, der Partner, der die Raketen baut. Die Umstellung von der sowjetischen Großmacht auf ukrainische Realität und internationale Konkurrenz war schwer und schmerzlich. Die Zahl der Mitarbeiter sank von 10.000 auf 4.500, ist in den vergangenen acht Jahren aber wieder auf 5.500 gestiegen. Rückschläge gab es auch mit internationalen Partnern. Dazu zählten finanzielle und politische Probleme beim Sea launch Projekt für Raketenstarts am Äquator; außerdem scheiterte ein Großprojekt mit Brasilien. Sea launch soll noch heuer fortgesetzt werden; die ersten beiden Raketen werden bereits gebaut. Beteiligt ist Jushnoe auch am Antares Projekt. Entwickelt wird die erste Stufe einer Rakete, die im Auftrag der NASA Lastentransporte zur Internationalen Raumstation durchführen wird. Große Hoffnungen setzt Jushnoe in die Zusammenarbeit mit Kanada beim Maritime-launch-Projekt

"Das ist ein Projekt, das die kommerzielle Nutzung der Rakete Zyklon-4M vorsieht, die derzeit entwickelt wird. Das ist ein höchst aktuelles Projekt, weil sich nun Nischen auf dem Markt öffnen für Telekommunikationssatelliten in niedrigerer Umlaufbahn. Viele bekannte Firmen wie Google haben bereits derartige Pläne bekanntgegeben. Wir erwarten, dass Ende August die Umweltverträglichkeitsprüfung abgeschlossen wird und dann auch die Zuteilung des Landes für den Bau erfolgt."

Entwicklung und Bau von Satelliten ist das zweite Standbein von Jushnoe. Auch in diesem Fall geht es um die Umstellung von sowjetischer Massenproduktion auf höchste Qualität, um international wettbewerbsfähig zu sein. Gebaut wird daher ein neues Objekt, in dem Satelliten vor allem zur Erforschung der Erde montiert und getestet werden:

 

"In sowjetischer Zeit wurden ein bis zwei Satelliten von hier pro Monat zum Kosmodrom zum Abschuss geschickt. Jetzt gibt es ganz andere Anforderungen auch an die Lebensdauer von Satelliten, die nun bei mindestens fünf Jahren liegt; in sowjetischer Zeit konnten das einige Monate oder gar nur Wochen sein; wenn der Satellit mehr als ein Jahr funktionierte, war das schon eine große Errungenschaft. Die Verantwortung bei der Montage der Satelliten ist daher jetzt außerordentlich hoch."

Sehr wichtig ist für Jushnoe die Zusammenarbeit mit der EU und ihren Mitgliedern; einerseits geht es um die Modernisierung der eigenen Anlagen, anderseits um Partnerschaften bei der kommerziellen Nutzung von Raketen, ihren Motoren und Satelliten.

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