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Kleinrussland und die Lage in Donezk und Lugansk

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ZiB24
Berichte Ukraine
Seit mehr als zwei Jahren wird in der weißrussischen Hauptstadt Minsk über einen Frieden für die Ostukraine verhandeln. Im Grunde liegen alle Vorschläge auf dem Tisch, doch der politische Wille der Konfliktparteien zur Umsetzung fehlt. Während Minsk immer mehr zur Verwaltung des Konflikts und zu Ort wird, wo versucht wird, die humanitären Folgen zu mildern, haben die prorussischen Rebellen in Donezk heute einen Vorschlag gemacht, der den Prozess in Minsk endgültig zu Grabe tragen würde. Die Rebellenführung schlug vor, einen Staat aus den Gebieten von Donezk und Lugansk mit dem Namen „Kleinrussland“ zu schaffen, der auch anderen ukrainischen Kreisen offen stehen solle. Während aus Moskau keine eindeutige Reaktion dazu erfolgte, lehnten nicht nur Kiew und der Westen, sondern auch prorussische Rebellen den Vorschlag ab:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ostukraine

Insert1: Ramil Samdijchanow, Journalist in Donezk

Insert2: Walter Gros, Internationales Komitee vom Roten Kreuz in Lugansk

Aufsager: Christian Wehrschütz aus Lugansk

Gesamtlänge: 2’30

Donezk als Hauptstadt eines neuen Staatswesens „Kleinrussland, das die ganze Ukraine umfassen und einen prorussischen Kurs fahren soll. Diese Idee verkündete vorgestern in Donezk der prorussische Rebellenführer Alexander Sachartschenko; sein Vorschlag wurde selbst von Moskau mit gemischten Gefühlen aufgenommen; Klar war die Ablehnung der prorussischen Führung aus Lugansk, das in dem Plan gar nicht vorkommt; der Vorschlag sei nicht abgesprochen; Lugansk wolle den Friedensplan von Minsk umsetzen, ließ Rebellenchef Igor Plotnitzki mitteilen; auch in Donezk werden dem Projekt kaum Chancen eingeräumt, finden doch nicht einmal die beiden Rebellenhochburgen zusammen:

"Was hindert Lugansk und Donezk daran, sich zu einem Staat zu vereinigen, doch sie sind zweigeteilt mit einer Zollgrenze und unterschiedlichen Steuergesetzen. Nach der Ablehnung durch Lugansk, muss man fragen, wie sich noch andere ukrainische Kreise dem Projekt "Kleinrussland" anschließen sollen. Das ist ein Fehlstart, der derzeit auch die Vereinigung von Donezk und Lugansk kompromittiert hat."

Andere Sorgen als die Staatsbildung hat die Bevölkerung auch in Lugansk; die Versorgung mit Trinkwasser ist noch immer ein großes Problem; dieser Wagen liefert Wasser in der Stadt aus; fünf Liter kosten etwas mehr als zehn Eurocent. Die ukrainische Wirtschaftsblockade trifft die Großbetriebe; dieses Stahlwerk in Altschewks steht daher seit Monaten still; noch schlimmer ist die Lage der Zivilbevölkerung an der Frontlinie:

"Wir liefern vor allem Nahrungsmittel und Toilettenartikel an fast 28.000 Personen. Sie sind ziemlich alt, Pensionisten, Erwachsene, Ehepaare oder Einzelpersonen. Sie leben in 55 Dörfern in der Nähe der Frontlinie. Dort sind die Probleme am größten, vom Zugang zu Lebensmittelen bis hin zur Bedrohungslage durch Beschuss und Minen."

Ansonsten ist aber die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert; die Felder werden bestellt, Probleme gibt es nur dort, wo Minen und nicht explodierte Sprengmittel die Landwirtschaft erschwerten.

Ein Mittel im Überlebenskampf ist die Arbeitssuche in Russland; vom Busbahnhof in Lugansk fahren täglich 11 Busse nach Moskau, das die Rebellengebiete auch sonst finanziell und militärisch am Leben erhält.



Ein Sonderproblem bilden Gefängnisse in den Rebellengebieten, hier Archivaufnahmen vom November des Vorjahres. Ukrainische Nicht-Regierungsorganisationen sprechen von etwa 10.000 Häftlingen, die auch in Arbeitslagern arbeiten müssen, obwohl sie ihre Strafe bereits verbüßt haben. Lugansk weist die Vorwürfe zurück; eine Überprüfung durch unabhängige Stellen ist derzeit nicht möglich:  



"Derzeit haben wir keinen Zugang zu Gefängnissen in Lugansk unter den vom IKRK vorgesehenen Rahmenbedingungen, doch wir setzten unseren Dialog mit den lokalen Autoritäten fort und wir hoffen, dass wir in die Lage kommen werden, diesen Teil unsere Aufgabe ebenfalls erfüllen zu können."



Klar ist, dass die Menschenrechtslage in den Rebellengebieten noch viel problematischer ist als im Rest der Ukraine; daher sind die Präsenz des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und auch der OSZE-Beobachter so wichtig; sie sind die einzige, unabhängige Quelle für Informationen, was in diesen Gebieten vor sich geht, so beschränkt der Aktionsradius auch sein mag.  
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