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Kurz in Mariupol und in Frontnähe

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Kleine Zeitung
Berichte Ukraine
Ungewohnt leer war heute der ukrainische Kontrollposten beim Pischevik, wenige Kilometer östlich der Hafenstadt Mariupol. Von den 6.000 Personen, die täglich den Posten passieren, war heute nichts zu sehen. Wegen der Feiertage herrschte kaum Andrang, statt mehrerer Stunden warteten hier Zivilisten nur 15 Minuten. Der Posten liegt knapp drei Kilometer von der Frontlinie entfernt, die ukrainische und prorussische Kräfte trennt. Außenminister Sebastian Kurz besuchte gestern diesen Posten, und sprach mit den Grenzpolizisten auch über die soziale Lage; 30 Grenzer sind hier im Einsatz, hinzukommen, Zoll und Staatssicherheit. Für Zivilisten gibt es auf ukrainischer Seite gerade drei Toiletten. Besserung ist noch nicht in Sicht, weil die Öffnung weiterer Übergangspunkte noch nicht in Sicht ist. Unter den politischen Spannungen zwischen Russland, der Ukraine, den USA und der EU leidet die Zivilbevölkerung in den Frontgebieten; solange bei den Friedensgesprächen in Minsk kein Durchbruch erzielt wird und nicht einmal die Waffenruhe flächendeckend hält, wird sich auch das Los der Bevölkerung kaum bessern. Sebastian Kurz will daher das mit Minsk geltende Prinzip ändern, das eine Aufhebung der Russland-Sanktionen nur vorsieht, wenn Friede herrscht. Seinen Vorschlag formuliert Sebastian Kurz am Kontrollposten so:



"Wenn wir wegkommen von einem System der Bestrafung hin zu einem System des Ansporns, wenn wir ein System des Zug-um-Zug-Geschäfts wählen, dann könnte das vielleicht eine positive Dynamik auslösen. Das bedeutet für jede gute Entwicklung vor Ort, soll auch ein Teil der Sanktionen gelockert werden. Ich sage aber gleichzeitig dazu, das ist eine Entscheidung, die die EU zu treffen hat, das ist keine Entscheidung der OSZE."



Ob und wie rasch die EU-Mitglieder entscheiden werden, ist offen. Sicher ist, das die Gräben zwischen den prorussisch kontrollierten Gebieten und dem Rest der Ukraine auf fast allen Ebenen immer tiefer werden, je länger eine Friedenslösung auf sich warten lässt; daher sei es unverzichtbar, eine positive Gesprächsbasis mit Russland zu bewahren oder wieder aufzubauen, betont Kurz:



"Es wird Friede auf unserem Kontinent nur mit und nicht gegen Russland geben können. Insofern braucht es auch in diesem Konflikt ein miteinander, auch wenn es schwierig ist, man muss immer wieder neue Anläufe nehmen und auf Russland zugehen; alles andere wird nicht zu einer friedlichen Lösung führen können."



Wie lange die Folgen des Krieges noch spürbar sein werden, selbst wenn in der Ukraine rasch Frieden einkehren sollte, davon konnte sich Kurz in einer Schule in der Nähe der Frontlinie überzeugen. In dieser Schule finden nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Erwachsene Kurse statt, die über die Gefahr von Minen und nicht explodierten Sprengmitteln aufklären sollen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat schon für 10.000 Personen in der Ukraine auf beiden Seiten der Front derartige Kurse durchgeführt. Etwa 15 Damen im besten Alter besuchten gerade den Kurs als der jugendliche österreichische Außenminister in der Schule eintraf. Dabei kam es auch zu einem Gespräch und eine Dame klagte, dass vor allem in der Nacht geschossen werde, wenn die OSZE-Patrouillen nicht vor Ort seien. Hinzu kommt noch die mangelnde Bewegungsfreiheit der OSZE-Beobachter vor allem in den Rebellen-Gebieten und an den meisten der 11 Grenzübergängen zu Russland, die die Rebellen kontrollieren. Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin, der Kurz begleitet, forderte neuerlich den Abzug der Russen aus den Rebellengebieten. Die Bevölkerung dort leidet unter der sozialen und wirtschaftlichen Krise wahrscheinlich sogar noch mehr als in der übrigen Ukraine, doch auch die Gebiete zwischen den Fronten oder der Hafenstadt Mariupol sind massiv betroffen, die nur 10 Kilometer von einem Frontabschnitt entfernt ist. Den Bürgermeister der 470.000 Einwohner zählenden Hafenstadt hat Sebastian Kurz bereits getroffen, der heute auch Sozialprojekte der Caritas besuchen wird, die nicht nur den vielen Binnenflüchtlingen, sondern auch der einheimischen Bevölkerung mit Suppenküchen und Geldspenden hilft von etwa 20 Euro im Monat hilft, deren Verwendung genau kontrolliert wird.    
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