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Kiews Strategie zur Reintegration der Rebellen-Gebiete

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Berichte Ukraine
Während in der weißrussischen Hauptstadt Minsk seit mehr als einem Jahr über einen Frieden für die Ostukraine verhandelt wird, entwickeln die prorussischen Rebellengebiete von Donezk und Lugansk nicht nur immer stärker ein Eigenleben, sondern auch der Einfluss Russlands in diesen Gebieten wird immer größer. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt die ukrainische Wirtschaftsblockade der Rebellengebiete. Ukrainische Waren und die Währung Griwna sind praktisch verschwunden; zu kaufen sind fast nur mehr Waren aus Russland und bezahlt werden kann nur mehr mit russischen Rubel. In Kiew arbeitet nun das sogenannte Ministerium für die besetzten Gebiete an einer neuen Strategie, die zu einer Reintegration dieser Territorien führen sollen. Unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz hat mit dem stellvertretenden Minister Georgij Tuka über diese Strategie gesprochen; hier sein Bericht:

Auf dem Territorium der sogenannten Volksrepubliken von Donezk und Lugansk leben zwischen drei und vier Millionen Menschen, Konsumenten, die de facto keine ukrainischen Produkte mehr kaufen können. Nach etwa zwei Jahren Krieg erkennt nun Kiew, dass seine Wirtschaftsblockade falsch war. Das gibt auch der stellvertretende Minister für die besetzten Gebiete, Gerogij Tuka, zu; er erläutert an praktischen Beispielen, wie sehr sich Kiew durch diese Politik selbst geschadet hat: Georgij Tuka:

"Das war ein großer Fehler. Jetzt geht es um seine Korrektur, wobei man eine derartige Isolierung dieser Gebiete nie zulassen hätte dürfen. Denn sofort kamen dann russische Rubel und russische Waren. Bei einer Rückkehr dieser Gebiete müssen wir jetzt nicht nur mit bewaffnetem Widerstand, sondern auch damit kämpfen, dass dort jetzt die Rubel-Zone und Konkurrenz russischer Erzeuger herrschen. Das ist umso schlechter, weil in diesen Gebieten noch große Firmen arbeiten, deren Mitarbeiter in Griwna entlohnt werden. Das sind ziemlich große Summen; doch dort gibt es praktisch keine ukrainischen Waren, sodass diese Menschen mit unseren Griwna russische Waren kaufen. Damit unterstützen wir mit unserem eigenen Geld noch Produzenten des russischen Aggressors."

Die Rückkehr ukrainischer Waren und der Währung Griwna ist Gegenstand der Gespräche in Minsk, und wohl nicht rasch zu erwarten.; das gilt auch für die internationale, bewaffnete Polizeimission; sie soll internationale Beobachter sichern, die in den Rebellen-Gebieten Lokalwahlen überwachen sollen. Doch eine Einigung über den Modus dieser Wahlen ist noch nicht in Sicht; auch die bewaffnete Polizeimission ist umstritten. Kaum umsetzbar mutet auch der Aktionsplan an, den Kiew parallel mit der Stationierung von Friedenstruppen umsetzen will:  

"Wir brauchen eine internationale bewaffnete Friedensmission, entweder der OSZE oder der UNO, damit in diesen Gebieten wieder mit der Herstellung einer legitimen Ordnung begonnen werden kann. Das wird nicht einfach sein, weil die lokalen Führungen der Banden-Formationen dagegen sind; weil sie um ihre Macht fürchten. Parallel dazu muss die zivilen ukrainischen Behörden wieder ihre Arbeit aufnehmen; das Sozialministerium, der Pensionsfonds, eben jene, die ein normales friedliches Leben ermöglichen. Und erst danach kann man von der Durchführung von Wahlen sprechen. Sie stehen somit nicht am Beginn des Prozesses, sondern Wahlen bilden den Abschluss."

Wahlen als Schlussstein von Minsk – einen derartigen Zeitplan haben Moskau, Lugansk und Donezk bisher kategorisch abgelehnt. Nach derzeitigem Stand hieße das, Wahlen und damit wohl auch die Rückkehr ukrainischer Waren in die Rebellengebiet auf unbestimmte Zeit zu vertagen.

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