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Siegfried Wolf mit Problemen in Kiew

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Kleine Zeitung
Berichte Ukraine
Traktoren aus Charkiw sind in der ganzen ehemaligen Sowjetunion wohl nach wie vor ein Begriff. Etwa 150.000 aus dem Werk XTZ sollen nach wie vor im postsowjetischen Raum in Betrieb sein, denn das Kombinat wurde in den 30iger Jahren gegründet. Einst war es die größte Traktorenfabrik der Welt und zählte mehr als 50.000 Mitarbeiter. Der Zerfall des sowjetischen Wirtschaftsraums hinterließ massive Spuren auch auf dem Werksgelände. Teile der Anlage sind nur mehr Ruinen und völlig verwaist, denn auch die unabhängige Ukraine vermochte keinen wirklichen Wiederaufstieg des Werks zu erreichen. Massiv gesunken ist die Produktion auch durch den Handelskrieg zwischen Kiew und Moskau. Auf dem Gelände stehen derzeit noch etwa 20 Traktoren, die nicht ausgeliefert werden können; völlig verwaist ist auch die Halle, in der die Traktoren bisher gefertigt wurden. Zu sehen sind dort einige Fahrerkabinen und Motoren, doch es herrschen Leere und gespenstische Ruhe. Grund für die Lähmung ist eine Verfügung eines Gerichts in Charkiw, das sämtliche Konten des Werks gesperrt hat; alle Einsprüche des Managements blieben erfolglos.

Das Unheil braute sich bereits im März über der Firma zusammen; der Staatssicherheitsdienst der Ukraine (SBU) führte vier Hausdurchsuchungen durch. Vorgeworfen werden dem Management die Verletzung von Außenhandelsbestimmungen durch die illegale Ausfuhr von Traktoren nach Russland, der unerlaubte Transfer von Ausrüstungen und Plänen, verbotene Verpfändung von Firmeneigentum zur Besicherung einer Finanzierung, das Nichtbezahlen von Steuern und damit die Schädigung von Interessen der Ukraine. All diese Vorwürfe weist Siegfried Wolf zurück, der diese Woche auch in Charkiw war, um mit dem Management die weitere Vorgangsweise zu beraten (siehe Interview). Völlig unverständlich ist nicht nur für Wolf, warum die ukrainischen Behörden wegen der Vorwürfe gleich das gesamte Werk lahmlegen mussten. Die Löhne für mehr als 2.000 Mitarbeiter können in der, wirtschaftlich ohnehin nicht von Vollbeschäftigung gesegneten Ukraine nicht ausbezahlt werden; bedroht sind durch den Stillstand Arbeitsplätze auch in der ukrainischen Zulieferindustrie. Die Staatssicherheit SBU war trotz mehrfacher Ansuchen zu keinem Interview bereit; eine Stellungnahme sei wegen des laufenden Verfahrens nicht möglich, hieß es lapidar nur in einer Email.

Die gesamte Vorgangsweise ukrainischer Behörden nährt jedenfalls den Verdacht, dass es um mehr geht als nur um Steuerschulden und andere Vergehen. Siegfried Wolf ist wegen seines massiven wirtschaftlichen Engagements in Russland in der Ukraine alles andere als populär. Hinzu kommt, dass in der Ukraine behauptet wird, dass eigentlich der russische Oligarch Oleg Deripaska an dem Werk beteiligt sein soll, mit dem Wolf natürlich zusammengearbeitet hat. Der Steirer bestreitet jedenfalls, das Deripaska am Traktorenwerk beteiligt ist. Daran hält Wolf nun 30 Prozent, 60 Prozent gehören seit kurzem dem ukrainischen Geschäftsmann Olexandr Jaroslawskij, der in Charkiw unter anderem auch den Flughafen gebaut hat. 10 Prozent sind im Streubesitz. Die Stärkung der Rolle von Jaroslawskij deutet darauf hin, dass Wolf offensichtlich Probleme kommen sah, denn zwischen Kiew und Moskau tobt auch ein Handelskrieg, und wegen der Annexion der Krim und des Krieges im Donbass sind die Beziehungen äußerst gespannt. Erfolglos blieben bisher auch Interventionen des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz und von Vertretern der EU in Kiew. Am Mittwoch wird Siegfried Wolf den ukrainischen Wirtschaftsminister treffen, um eine Lösung des Konflikts um das Traktorenwerk zu erreichen.

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