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Wirtschaft der Ukraine zwischen EU und Russland

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Berichte Ukraine
Die von Krieg und Krise heimgesuchte Ukraine gilt nicht gerade als das Land, in dem ausländische Investoren wirtschaftlich erfolgreich sein können. Gelungen ist dieses Kunststück einer Kärntner Familie vom Techelsberg. Sie ist mit ihrer Firma in der Stadt Schitmir zum größten Produzenten von Bügeltischen in Europa aufgestiegen. 1,6 Millionen Stück werden pro Jahr erzeugt. Die Kärntner profitieren von den niedrigen Lohnkosten, haben aber mit Bürokratie und dem russischen Handelsembargo gegen die Ukraine zu kämpfen. Vom Freihandelsabkommen mit der EU wird die Firma kaum profitieren. Besucht hat sie in Schitomir unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Schitomir

Insert1: Nils Grolitsch, Kärntner Produzent in der Ukraine

Insert2: Nils Grolitsch, Kärntner Produzent in der Ukraine

Insert3: Oleg Ustenko, Wirtschaftsexperte in Kiew

Gesamtlänge: 3’07

Die Stadt Schitomir ist etwa so groß wir Graz; ihr bedeutendster Sohn ist Sergej Koroljow, der sowjetische Weltraumpionier, dem der erste Weltraumflug eines Menschen im Jahre 1961 zu verdanken ist. Zu den unternehmerischen Pionieren aus dem Ausland zählt die Firma Eurogold, die in Schitomir seit etwa 15 Jahren Bügeltische, Wäscheständer und kleine Leitern produziert. Nach enormen bürokratischen Anlaufschwierigkeiten profitiert die Firma nun von der Nähe zum EU-Markt und den niedrigen Lohnkosten; ein Arbeiter verdient hier etwa 140 Euro netto im Monat; der Preis für einen Bügeltisch der Firma Eurogold liegt in der EU bei 15 Euro; in der Ukraine kostet derselbe Bügeltisch aber 23 Euro; wie ist das möglich?

"Wenn Sie zum Beispiel in Deutschland eine Palette landesweit verteilen, kostet Sie das um die 30 Euro; hier in der Ukraine sind wir bei 70 Euro, trotz der niedrigen Lohnkosten. Das rührt daher, dass die Transporteure, die Firmen schneller mehr Geld verdienen wollen, weil die Margen höher sind. Und wenn man den prozentualen Anteil der Korruption rechnet, kann man sich etwa auf der Seite von „Transparency International“ kundig machen; da wird geschätzt, dass 16 Prozent eines Produktes hier im osteuropäischen Raum korruptionsbehaftet sind."

Sprich die Verteilfirmen müssen Supermarktketten schmieren, um die Ware zu platzieren. 10 Prozent beträgt der Marktanteil von Eurogold in der Ukraine; der Hauptabsatzmarkt liegt in der EU; der Absatz in Russland brach von 25 Prozent auf 7 Prozent im Vorjahr ein; ein Grund war die Schwäche des Rubels. Ein weiterer Rückgang ist heuer durch höhere russische Zölle zu erwarten. Vom Freihandelsabkommen EU-Ukraine wird die Firma kaum profitieren:

"Für die EU gibt es bei uns kaum Vorteile; wir hatten in der Vergangenheit keine Zölle in die EU für unsere Produkte, und haben das auch heute nicht. Der einzige Vorteil den wir haben: bei uns fällt Fünf-Prozent-Importzoll für bestimmte Rohmaterialien weg."

Wie rasch die Ukraine insgesamt vom EU-Freihandelsabkommen profitieren wird, ist umstritten. In Kiew hegen führende Wirtschaftsexperten jedenfalls große Zweifel, dass dies heuer der Fall sein wird:

„Die ukrainische Produktion ist auf dem europäischen Markt nicht konkurrenzfähig. Daher habe ich große Zweifel, dass die Ukraine 2016 ihren Anteil am EU-Markt wird erhöhen können. In einigen Jahren kann das möglich sein, doch dazu braucht es ernsthafte Investitionen. Doch wer investiert in einem Land mit der höchsten Korruption in Europa, mit enormen bürokratischen Hindernissen, mit einem schlechten Justizsystem.“

Die Regierung müsse daher vor allem das Investitionsklima verbessern. Dieser Meinung ist auch der österreichische Unternehmer, der trotz aller Probleme in der Ukraine ein Land mit positiven Zukunftschancen sieht.

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