Reportage über Schachtar Donezk im Exil
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Berichte Ukraine
Insert1: Anton, Anhänger von Schachtar Donezk
Insert2: Igor, ehemaliger Anhänger von Schachtar Donezk
Insert3: Bogdan, Fußallanhänger in Lemberg
Insert4: Alexander Denisow, Direktor des TV-Senders Fußball
Insert5: Alexander Denisow, Direktor des TV-Senders Fußball
Gesamtlänge: 4’45
Die Bergbaumetropole Donezk war bis zum Kriegsbeginn vor mehr als einem Jahr eine der reichsten Städte der Ukraine. Spuren findet man noch heute, aber die kaufkräftigen Schichten sind verschwunden. Verwaist ist auch die Donbas-Arena, die einst stolze Heimstätte des Klubs Schachtar-Donezk. Der Bau des Stadions soll 400 Millionen Dollar gekostet haben. Die Eröffnungsfeierlichkeiten im Jahre 2009 verwiesen auf Bergbau und Schwerindustrie, die Quellen des Reichtums. Das riesen Spektakel war wohl ein Höhepunkt im Leben von Rinat Achmetow: Eigentümer des Klubs, Oligarch, einst reichster Mann der Ukraine. Seine goldenen Zeiten sind nun ebenso vorbei wie die Spiele im Stadion. Im Krieg dient es immer wieder als Lager und Ausgabestelle für Hilfsgüter, die Achmetows Fonds an bedürftige Bewohner von Donezk verteilt, die auch unter der Lebensmittel-Blockade der Regierung in Kiew leiden. Der Klub selbst spielte zum letzten Mal im Frühling 2014 im Stadion:
„Früher habe ich kein Spiel versäumt, weil wir ein Abonnement hatten. Ich hoffe sehr, dass der Klub bald wieder spielen wird.“
Doch nicht alle Anhänger in Donezk sind ihrem Klub treu geblieben, der die Stadt verlassen hat, die weiterhin von prorussischen Rebellen kontrolliert wird:
„Ich bin 54 und halte seit meinem neunten Lebensjahr für Schachtar. Wir lebten mit dem Fußball; ein Spiel war für uns ein Feiertag, ein Spiel in der Champions-League war sogar ein höchster Feiertag. Für mich gibt es keine Mannschaft „Schachtar Lemberg“, daher ist es mir egal, wie es der Mannschaft jetzt geht.“
Der Krieg hat dem Klub ein unstetes Leben beschert. In der Lemberg-Arena, in der einst österreichischen Stadt im Westen der Ukraine, trägt Schachtar alle Spiele internationaler Bewerbe aus. Hier feierte der Klub Anfang August auch seinen Sieg über Fenerbahce Istanbul und kam damit in der Champions-League-Qualifikation eine Runde weiter. Doch der große Jubel der Zuschauer über den Drei-zu-Null-Erfolg kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Popularität in Lemberg ihre Grenzen hat. Denn in der ukrainischen Premier-League ist die Unterstützung der Lemberger für die ostukrainische Mannschaft viel geringer:
„Sie haben jetzt in Odessa gegen „Dnipro“ gespielt, weil beim letzten Mal hat das gesamte Stadion für „Dnipro“ gehalten, ihr Trainer ist aus Lemberg und in der Mannschaft stehen viele Spieler die früher beim Klub „Karpaten“, hier spielten.“
Das Ausweichen nach Odessa nutzte nichts. Schachtar verlor das Spiel gegen die Mannschaft aus Dnipropetrows mit Zwei zu Null. Dnipro gehört übrigens ebenso wie Schachtar einem ukrainischen Oligarchen. Ihr Reichtum hat durch Krieg und Krise ebenso gelitten, und beides wirkt sich auch auf den Fußball aus:
"Viele Spieler wollen weg; gleichzeitig sind die Klubs nicht bereit, neue zu kaufen. So kam in der Sommerpause nur ein neuer Spieler in die Ukraine, der von einem anderen Klub zugekauft wurde, und zwar zu Dynamo Kiew. Erstens sind nicht alle ausländischen Spieler bereit, in ein Land zu gehen, in dem es Krieg gibt. Zweitens: wie soll jetzt der Präsident etwa von Dynamo oder Schachtar vor dem Hintergrund es Krieges jetzt für einen Brasilianer oder Portugiesen 20 Millionen Euro zahlen. Die Firmen von Rinat Achetow liegen im Osten der Ukraine und auch an die Arbeitsplätze und die Löhne dort muss er denken."
Gewinnbringend ist der Fußball in der Ukraine derzeit ebenfalls nicht:
"Die Einnahmen eines jeden westlichen Klubs bestehen aus TV-Rechten, Kartenverkauf und Abonnements, Fanartikel und Werbeverträgen. Doch TV-Rechte bringen nur viel Geld, wenn ein Zuschauer in der Ukraine nicht nur einen Dollar, sondern 35 britische Pfund zahlen könnte, wie das bei der englischen Premier-League der Fall ist. Früher hatten die Eigentümer der Klubs eine Perspektive, dass die Wirtschaft des Landes besser wird. Doch jetzt ist klar, dass die Klubs in naher Zukunft nicht mit großen Einnahmen rechnen können. Somit ist das verlustbringend für alle Eigentümer, die jetzt alles weiter finanzieren, weil es keine Alternative gibt."
Das betrifft auch die Höhe der Gehälter, um Abwanderung zu verhindern. Schachtar trainiert nicht in Lemberg, sondern 20 Kilometer außerhalb von Kiew; das Erreichen der Champions-League ist für den Klub auch finanziell sehr wichtig, denn Frieden und Wohlstand lassen in der Ukraine weiter auf sich warten.