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Feiern zum Kriegsende in Donezk und Severodonezk

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Berichte Ukraine
Die Ukraine nutzt das Gedenken an den 70. Jahrestag des Zweiten Weltkriegs, um sich geistig und kulturell stärker vom russischen Einfluss zu lösen. Daher finden die offiziellen Feiern an zwei Tagen, am 8. und am 9. Mai statt. Während Europa und die USA am 8. Mai feiern, feierten die Staaten der ehemaligen Sowjetunion und damit auch die Ukraine stets am 9. Mai. Dieser Unterschied hat historisch mit der Art und Weise zu tun, wie die Deutsche Wehrmacht gegenüber den Westmächten und der Sowjetunion 1945 kapituliert hat. Die Ukraine will nun durch die stärkere Betonung des 8. Mai ihre besondere Bedeutung im Zweiten Weltkrieg hervorheben und auch ein Zeichen in Richtung Europa setzen. Nicht an dieser Wende beteiligen sich die prorussischen Rebellen-Gebiete in der Ostukraine. So fand heute in der Rebellenhochburg Donezk auch eine eigene Militärparade statt. Aus Donezk berichtet unser Korrespondent Christian Wehrschütz:

Eine Parade vorbei am Lenin-Platz die Hauptstraße entlang bildete den Höhepunkt der Siegesfeiern zum Ende des Zweiten Weltkrieges der sogenannten „Volksrepublik von Donezk“. Ihre Führung will dadurch Stärke aber auch die Nähe zu Russland demonstrieren. Außerdem fand am 11. Mai vor einem Jahr das sogenannte Referendum statt, mit dem die Loslösung von der Ukraine legitimiert werden soll. Der heutige 9. Mai bildet daher auch den Auftakt zu den Feiern in zwei Tagen. Das Interesse der in Donezk verbliebenen Bewohner war rege; die Fahnen der Rebellen-Republik, sowetische und russische Flaggen sowie das orange-schwarze Georgs-Band trugen viele prorussische Anhänger. Einen gänzlich anderen Charakter trugen und tragen die Feiern, die die Führung in Kiew ausgerichtet hat. Das Totengedenken fand bereits gestern, am achten Mai statt, der zum ersten Mal in der Ukraine begangen wird. Der heutige Tag dient eher der Entspannung. Gefeiert wurde und wird auch in Severodonezk, 80 km nördlich der zweiten Rebellenhochburg Lugansk. Die Kreisverwaltung ist wegen des Krieges nun in Severodonezk stationiert. Ihr Gouverneur, Gennadi Moskal, erklärt, warum es zwei Feiertage gibt:

" Die Menschen muss man auf den 8. Mai vorbereiten. Daher werden wir jetzt den acht und neunten Mai begehen und mit der Zeit werden wir auf den achten Mai übergeben, der auch in Europa begangen wird. Heute, in der Zeit der Kampfhandlungen, die Mentalität der Menschen zu ändern, ist sehr schwierig. Daher hatten die Feierlichkeiten am achten Mai mehr den Charakter der Trauer durch das Niederlegen von Blumen und durch Gebete an den Gräbern der Gefallenen. Am 9. Mai gibt es zu Ehren des Endes des Zweiten Weltkrieges künstlerische Veranstaltungen, eine Waffenschau oder Gulaschkanonen, wo das Bürger die Verpflegung kosten können, die Soldaten im Zweiten Weltkrieg gegessen haben.“

Die Gedenktage stehen in der Ukraine unter dem Motto: „1939 – 1945 Wir gedenken – Wir siegen“. Als neues Symbol dient eine Rot-schwarze-Mohnblume, während alle Symbole vermieden werden, die bei Feiern in sowjetischer Zeit verwendet wurden und heute in Moskau gebräuchlich sind. Kiew verfolgt damit drei Ziele: erstens soll darauf verwiesen werden, dass ein wesentlicher Teil des deutsch-sowjetischen Krieges auf dem Gebiet der heutigen Ukraine stattfand, deren Bewohner auch einen enormen Blutzoll zahlten. Damit will die Ukraine auch in der Geschichtsschreibung aus dem russischen Schatten heraustreten und die eigene nationale Identität stärken. Schließlich soll mit dem schrittweisen Übergang auf den 8. Mai auch die Annäherung an Europa symbolisiert werden. Weltanschaulich sind die Feiern bis ins Detail durchdacht. So hat in Kiew das federführende „Institut für nationale Erinnerung“ eine neue Terminologie ausgearbeitet. Statt von der „Befreiung der Ukraine von faschistischen Eroberern“ wird nun von der „Vertreibung der nazistischen Besatzer“ gesprochen. Aus dem „Großen Sieg über das faschistische Deutschland“ wurde der „Sieg über den Nazismus in Europa“ und die Bezeichnung „Ukraine im großen vaterländischen Krieg“ wurde durch „Ukraine im Zweiten Weltkrieg“ ersetzt.



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