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Österreichisches Rotes Kreuz hilft Vertriebenen in der Ostukraine

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Berichte Ukraine
Der Krieg in der Ostukraine hat die größte Flüchtlingswelle seit dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawien vor mehr als 20 Jahren ausgelöst. Etwa eine Million Menschen sind in Gebiete geflohen, die von Kiew kontrolliert wird, Eine weitere Million dürfte nach Russland geflohen sein. Auf diese Flüchtlingswelle war und ist die krisengeschüttelte Ukraine nicht vorbereitet. Trotz der enormen Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist daher Hilfe aus dem Ausland nötig. Sie leistet auch das Österreichische Rote Kreuz in Zusammenarbeit mit der ukrainischen Rot-Kreuz-Organisation, und zwar im Raum Severodonezk, im Bezirk Lugansk, dem östlichsten der Ukraine. Vorhanden waren 250.000 Euro, die die Bundesregierung bereitgestellt hat. Welche Hilfe konkret geleistet wird, hat unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz vor Ort beobachtet:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ostukraine

Insert1 Lidia. Rot-Kreuz-Helferin in Severodonezk

Insert2: Gulnara, Binnenvertriebene aus der Stadt Antrazit

Insert3: Wanda, Ausgebombte in der Stadt Lisitschansk

Insert4: Wanda, Ausgebombte in der Stadt Lisitschansk

Insert5 Michajl Wlasow, Bürgermeister von Lisitschansk

Genadi Moskal, Gouverneur des Bezirks Lugansk

Max Santner, Österreichisches Rotes Kreuz

Gesamtlänge: 3’57

Großer Andrang herrscht jeden Tag vor der Rot-Kreuz-Zentrale in der Stadt Severodonezk, 70 Kilometer von der Rebellenhochburg Lugansk entfernt. Brot wird im Parterre ausgegeben, während im ersten Stock Nahrungsmittelpakte verteilt werden. Pro Tag werden 150 Familien mit Rationen versorgt, die das Rote Kreuz aus Österreich finanziert hat. Klar festgelegt ist der Verteilungsschlüssel:

"Einen Sack bekommt eine Familie; hat sie mehr als drei Kindern bekommt die Familie zwei derartige Säcke; bei sechs und noch mehr Kindern gibt es drei."

Die Hilfe muss für einen Monat reichen; diese 31-jährige Frau ist in einer Wohnung untergekommen, die Verwandten gehört; darin leben noch ihre zwei Kinder und der Ehemann. Auch wegen der Schwangerschaft floh die Familie bereits im August aus dem Kriegsgebiet nach Severodonezk:

"Mein Mann findet hier keine Arbeit; Vertriebene sind nicht sehr willkommen, weil man fremd ist. Er ist auf Arbeitssuche.“

Stärker als Severodonezk wurde die Nachbarstadt Lisitschansk vom Krieg heimgesucht, der hier im Juli endete. Artilleriebeschuss beschädigte auch dieses Haus schwer; die Eigenmittel reichten nur für die Fenster; die Wand konnte dank eines Gutscheins für Baumaterial erneuert werden, den das österreichische Rote Kreuz finanzierte:

"Der Gutschein, das war für uns wie ein Geschenk Gottes, wie Manna, das vom Himmel fiel."

Der Wert des Gutscheins betrug etwa 220 Euro; für die alleinerziehende Mutter und ihre zwei Kinder eine enorme Summe. Die Grundversorgung sichert ein kleiner Garten. Gehalt und Alimente haben derzeit einen Wert von 100 Euro im Monat, doch die Preise steigen und der Werte der Währung Griwna wird immer schlechter:

"Wir haben schon vergessen, was Milch ist; die kaufen wir nicht. Wir kaufen Margarine, Wurst, weil die Kinder für die Schule eine Jause brauchen. Ich koche Suppe, doch die Basis für alles sind für uns Kartoffel, und so überleben wir."

Die Krise in Lisitschansk ist aber viel älter als der Krieg; das zeigen Industrieruinen aus sowjetischer Zeit. Versuche eines Strukturwandels gab, es doch ein wirklicher Aufschwung setzte auch in Friedenszeiten nicht ein:

"Im Mai des Vorjahres hatte die Stadt nur 23.000 legal Beschäftigte bei 118.000 Einwohnern. Wir haben 40.000 Pensionisten, darunter Invalide, Veteranen und andere Gruppen. Dagegen wandern viele Junge ab, wenn sie die Ausbildung abgeschlossen haben."

Die wirtschaftlichen Probleme verstärkte der Krieg massiv. Ausländische Investitionen kamen zum Erliegen, Gehälter bleiben aus, und fast 90.000 Tonnen Kohle liegen auf Halde, weil Wagons fehlen und auch nicht an Abnehmer ins Kriegsgebiet geliefert werden kann, aus dem weiterhin Flüchtlinge auch nach Severodonezk kommen.

"Offiziell haben wir hier 126.000 registrierte Binnenvertriebene; ich denke aber, dass es etwa 300.000 sind. Bei Verwandten sind viele untergekommen, für die die umgerechnet 15 Euro kein Anreiz sind, sich registrieren zu lassen, die der Staat Vertriebenen monatlich auszahlt."

Von der Krise konnte sich auch die Delegation aus Österreich überzeugen. 500 Familien und 2.500 Haushalten kann in Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Roten Kreuz geholfen werden:

"Der Bedarf ist riesengroß; es gibt hier allein in Severodonezk 30.000 Binnenvertriebene, und die müssen unterstützt werden, die haben alles verloren; ihre Häuser sind kaputt, und hier diese Menschen zu unterstützen, das wäre unser Ziel."

Das Hilfsprojekt läuft Ende März aus; ob Geld für eine Fortsetzung aufgetrieben werden kann, ist ungewiss.

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