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Soziale Lage in Donezk nach Monaten des Krieges

Sonstiges
ZiB24
Berichte Ukraine


In den Kriegsgebieten der Ostukraine wird die soziale Lage der Bevölkerung immer schlimmer. Knapp sind Lebensmittel, vor allem aber Medikamente für chronisch Kranke wie Diabetiker. Unter dem Krieg leiden besonders alleinerziehende Mütter und Pensionisten. Um Sozialleistungen von der Ukraine zu bekommen, müssen sich Bewohner der Rebellengebiete in Gemeinden registrieren, die in ukrainischer Hand sind. Bereits die Reise dorthin ist beschwerlich, doch selbst wenn Geld dann elektronisch überwiesen wird, kann es in Rebellengebieten nicht mehr behoben werden, weil alle ukrainischen Banken geschlossen sind, und Zahlen mit Bankomatkarte nicht mehr möglich ist. Immer mehr Menschen sind daher auf humanitäre Hilfe angewiesen, die neben Russland auch private Organisationen wie der Hilfsfond des ostukrainischen Oligarchen Rinat Achmetow leisten.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Donezk

Insert1: Eugenia, Taufpatin

Insert2: Alexandra, Vollwaise in Donezk

Insert3: Andrej Sanin, Koordinator des Hilfsfonds Rinat Achmetow in Donezk

Insert4: Andrej Sanin, Koordinator des Hilfsfonds Rinat Achmetow in Donezk

Gesamtlänge: 2’25

An dieser Haltstelle starben gestern früh mehr als zehn Personen durch Artilleriebeschuß; zu den Opfern zählt ein Mann, der in seinem Auto verbrannte. Dadurch wurden die 17-jährige Alexandra und ihr Bruder Iwan zu Vollwaisen. Ihre Mutter starb im Sommer an Krebs, und vorgestern starb die Großmutter, die heute beerdigt wurde. Um die Formalitäten des Begräbnisses zu regeln, fuhr der Vater in die Stadt und kam nicht mehr zurück:

„Der Vater hat früher am Bau gearbeitet; dann fuhr er gelegentlich Taxi, nur um die Familie zu erhalten. Alles war normal, und dann passiert das. Alles ist mit dem Vater mitverbrannt; das gesamte Geld und alle Dokumente der Familie; alles verbrannte in diesem Auto.“

Wenigstens hat das Mädchen Verwandte, die sich um sie kümmern:

„Mein Onkel wird mich aufnehmen“

Ein eigenes Programm für Vollwaise hat der Hilfsfond des Oligarchen Rinat Achmetow. Ihm gehört auch der Fußballklub „Schachtjorsk“, der kriegsbedingt seine Zelte in der Westukraine aufgeschlagen hat. Das Stadion des Klubs dient nun als Zentrale für die Verteilung von Hilfsgütern auf dem Rebellengebiet im Kreis Donezk. 800 Tonnen werden pro Woche an 330.000 Personen verteilt, das sind geschätzte zehn Prozent der Bevölkerung, die auf dem Rebellengebiet verblieben sind. Zu den Empfängern zählen werdende Mütter, die auch mit dem Ärztemangel durch Abwanderung zu kämpfen haben. 70 Prozent der Bezieher sind Pensionisten. Sie brauchen nicht nur Lebensmittel, sondern auch Medikamente wie Insulin, die in Donezk besonders knapp und teuer sind:

„Es ist nun praktisch unmöglich Produkte hierzubringen, weil seit 21. Jänner neue Zugangsregeln in Kraft sind. Die Menschen haben kaum Geld, weil die Auszahlung aller Sozialleistungen unterbrochen ist. Doch in erster Linie brauchen Pensionisten Medikamente.“

Immer schwieriger macht Kiew die Ausreise aus dem Kriegsgebiet:

„Um eine Genehmigung zur Ausreise zu bekommen, muss man auf das Gebiet auf der anderen Seite der Front fahren. Doch um dorthin zu kommen, muss man bereits eine derartige Genehmigung haben.“

Hinzu kommt, dass alle ukrainischen Banken geschlossen haben, und mit Bankomatkarten in Lebensmittelgeschäften nicht mehr bezahlt werden kann. Somit wird die Zahl derer weiter wachsen, die auf Hilfe angewiesen ist, weil die Geldreserven nach Monaten des Krieges immer mehr zur Neige gehen.

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