× Logo Mobil

Interview mit Ministerpräsident Jazenjuk zur Lage

Sonstiges
ZiB2
Berichte Ukraine
Seit Anfang September in der Ostukraine offiziell ein Waffenstillstand in Kraft getreten ist, sind dort 1.300 Menschen getötet worden - das hat die UNO heute bekanntgegeben. In den Rebellengebieten werde die Versorgungslage für die Bevölkerung immer aussichtsloser, heißt es in dem Bericht. Unterdessen ist der ukrainische Regierungschef Jazenjuk heute in Brüssel eingetroffen, für Gespräche im Nato-Hauptquartier und in der EU-Zentrale. Zuvor hat Jazenjuk aber noch in Kiew mit unserem Korrespondenten Christian Wehrschütz gesprochen.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kiew

Inserts Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk

Gesamtlänge: 3’27

Imposant und machtvoll wirkt das Regierungsgebäude in Kiew. Doch der Schein trügt, denn die Ukraine steckt in der schwersten Krise seit der Unabhängigkeit vor 20 Jahren. Eine rasche wirtschaftliche Stabilisierung ist nicht in Sicht:

"Ich würde das wirklich gerne in den kommenden sechs Monaten machen, doch es wird kaum gelingen, in dieser Zeit eine Stabilisierung zu erreichen. Das Grundproblem der ukrainischen Wirtschaft ist in erster Linie die russische militärische Aggression, durch die Russland die Krim annektiert und ein Teil der Kreise Donezk und Lugansk besetzt hat. Dadurch haben wir 20 Prozent der russischen Wirtschaft verloren, und diese Verluste steigen weiter. Natürlich besteht der grundlegende Verlust in Menschenleben, die russische Terroristen ermorden. Um die Wirtschaft zu stabilisieren, ist es daher notwendig, ukrainisches Territorium von russischen Soldaten, Panzern und Terroristen zu befreien."

Und welchen Weg sieht Jazenjuk für eine Entspannung der Lage in der Ostukraine?

"Die einzige Strategie, die es bisher gibt, ist die Vereinbarung von Minsk, eine andere gibt es nicht. Wir haben verschiede Gesprächsformate mit den Russen versucht, doch das einzige Dokument das es gibt, ist das aus Minsk. Russland muss diese Minsker Vereinbarung erfüllen, und auf diese Weise die Spannungen in diesen Gebieten vermindern, die sich befristet unter der Kontrolle russischer Terroristen befinden."

Enorm sind auch die materiellen Schäden, die der Krieg verursacht hat; doch das gespannte Verhältnis mit Russland hat noch viel weitreichendere Auswirkungen:

"Das Handelsvolumen mit den Russen ist heuer um 50 Prozent zurückgegangen. Russland schließt seinen Markt speziell für uns, weil das ein Teil ist des Krieges gegen die Ukraine ist. Es gibt einen militärischen Teil, doch es gibt auch einen wirtschaftlichen Teil, indem es seinen Markt blockiert hat, obwohl es ein Freihandelsabkommen mit Russland gibt.

Raiffeisen ist bis heute der größte einzelne Investor in der Ukraine; doch neue sind rar, nicht nur wegen des Krieges, sondern auch wegen Korruption und Bürokratie.

"Damit Investoren kommen, muss man erstens, die Sicherheit der Ukraine gewährleisten, und zweitens eine Reihe von Reformen durchführen, die auch in dieser Kriegszeit machbar sind. Dazu zählen die Deregulierung der Wirtschaft, die Änderung des Steuersystems, mit der wir uns derzeit befassen, der Kampf gegen die Korruption und das Schaffen eine Grundlage für weitere Investitionen. Doch jetzt wird ein privater Investor nicht kommen; das haben auch die vergangenen neun Monate bereits gezeigt.

Daher braucht die Ukraine weiter frisches Geld, um wirtschaftlich überleben zu können

"Schauen wir uns doch Griechenland an; der gesamte Rettungsschirm betrug 235 Milliarden Euro im Rahmen von vier Jahren. Und bis jetzt davon zu sprechen, dass das gesamte Programm erfolgreich war, wäre zu früh; und das obwohl Griechenland keinen Krieg mit Russland hat. Jetzt werde ich nicht über konkrete Zeiten aber konkrete Schritte sprechen; erstens: Entspannung der Lage in der Ostukraine, und zweitens eine große Geberkonferenz und ein großes Paket an Finanzhilfe, das es möglich macht, das Jahr 2015 zu überleben und in Richtung Wirtschaftswachstum weiterzugehen."

Facebook Facebook