Lemberg als Schwerpunkt österreichischer Kulturpolitik
Sonstiges
Heute Mittag
Berichte Ukraine
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Lemberg
Insert1: Irena Wintiw, Kindergärtnerin in Lemberg
Insert2: Andreas Wenninger, Außenstelle der österreichischen Botschaft in Lemberg
Insert3: Andreas Wenninger, Außenstelle der österreichischen Botschaft in Lemberg
Insert4: Viktoria, Studentin an der Universität von Lemberg
Insert5: Ludmila, Studentin an der Universität von Lemberg
Natalija Kwit, Dozentin am Institut für Zivilrecht
Gesamtlänge: 3’23
Fast 150 Jahre gehörte Lemberg zu Österreich, ehe es nach dem ersten Weltkrieg an Polen und 1945 endgültig an die Sowjetunion fiel. Das Stadtbild zeigt dieses Erbe deutlich, an das Österreich durch viele Aktivitäten anknüpfen möchte. Dazu zählt auch dieser deutsche Kindergarten, der seit vier Jahren besteht; nur drei der 17 Kinder kommen aus Österreich oder Deutschland, die große Mehrheit sind somit Ukrainer. Geleitet wird der Kindergarten von Irena Wintiw; sie hat in Deutschland Literaturwissenschaften studiert, arbeitet aber jetzt eben als Kindergärtnerin:
„Manche Eltern waren lange Zeit in Deutschland, und die Kinder sind auch in Deutschland geboren; und deswegen wollten sie, dass sie hier auch weiter Deutsch sprechen können. Andere Eltern möchten, dass das Kind zweisprachig aufwächst, und genauso gut Deutsch kann wie Ukrainisch.“
Im Gebäude der Universität von Lemberg hat auch österreichische Außenstelle für Bildung und Wissenschaft ihren Sitz. Sie organisiert Theateraufführungen, die Übersetzung deutscher Autoren, die aus der Westukraine stammen sowie Stipendienprogramme: Ein besonderer Schwerpunkt ist die Pflege der deutschen Sprache:
"Wir sind auch hier mit ÖAD-Lektoren in der Ukraine vertreten; zur Zeit drei, in Tschernowitz, Kiew und auch hier in Lemberg, die Deutsch an den Universitäten unterrichten; zur Zeit auch eine österreichische Deutschlehrerin, die hier in Lemberg an drei Schulen tätig ist."
Auch Deutschkurse für Anfänger finden hier in der Österreich-Bibliothek statt. Auffallend ist, dass alle Kursteilnehmer weiblich sind; das hängt damit zusammen, dass der Beruf des Übersetzers und Lehrers in der Ukraine überwiegend von Frauen ergriffen wird. Trotzdem sind die Motive für den Deutschkurs unterschiedlich:
„Die Ukraine will der EU beitreten; das führt zur Zusammenarbeit mit anderen Ländern, und dabei braucht man Übersetzer als Vermittler zwischen diesen Seiten.“
„Ich habe den Traum, Wien zu sehen; ich glaube, dass das nicht nur die Kulturhauptstadt Österreichs, sondern ganz Europas ist. Ich möchte so gerne die Oper in Österreich besuchen.“
Natürlich wird an der Universität Lemberg auch Rechtswissenschaften gelehrt; für Jus-Studenten wird ein Kurs mit führenden österreichischen Juristen angeboten. Die Teilnehmer erhielten jüngst ihre Diplome; Ziel dieser österreichischen Rechtschule ist es auch, die Annäherung der Ukraine an die EU zu unterstützen:
„Ich glaube, die Ukraine ist ein europäisches Land und wir müssen auch den europäischen Standards entsprechen und hoffentlich ein Teil der EU werden.“
In der West- und Zentralukraine ist diese Hoffnung besonders stark; daher ist nicht überraschend, dass der Bürgermeister von Lemberg Andrij Sadowij mit seiner Partei „Selbsthilfe“ beim ersten Antreten mehr als zehn Prozent der Stimmen erreicht hat. Diese Partei ist klar für den Weg Richtung EU, der aber nur gangbar sein wird, wenn die Ukraine ihre tiefe Krise überwinden kann.