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Immer mehr Niederlagen immer mehr Schäden

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Berichte Ukraine
ZiB2 23072014 Immer mehr Niederlagen immer mehr Schäden Wehrschütz Mod

In der Ostukraine werden die Kriegsschäden immer höher, je länger der Konflikt dauert und je härter er wird. Auf 700 Millionen US-Dollar schätzte der ukrainische Regierungschef Arsenij Jazenjuk jüngst die Kosten für den Wiederaufbau, die mit jedem Kampftag ebenso steigen wir die Opfer- und die Flüchtlingszahlen. Nicht eingerechnet sind in diese Kosten die Schäden durch das Stillstehen vieler Betriebe und der Kaufkraftverlust der Bevölkerung durch Arbeitslosigkeit. Gekämpft wurde in der Ostukraine auch heute wieder. Die prorussischen Rebellen schossen zwei ukrainische Kampfflugzeuge ab, verloren aber wieder einige Ortschaften. Immer mehr leidet unter den Gefechten die Zivilbevölkerung, die vor allem zum Handkuss kommt.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ostukraine

Insert1: Ehemaliger Soldaten und Kraftfahrer

Insert2: Zina (30) Bewohnerin von Dscherschinsk

Insert3: Ana, (23) Mutter einer dreijährigen Tochter

Insert4: Wladimir Slepzow, Bürgermeister von Dscherschinsk

Insert5: Wladimir Slepzow, Bürgermeister von Dscherschinsk

Aufsager; Christian Wehrschütz aus Dscherschinsk

Gesamtlänge: 2’38

In der Stadt Dscherschinsk, 40 Kilometer nördlich von Donezk, stehen manche Bürger vor dem nichts. Dieses Wohnhaus im Zentrum wurde massiv getroffen, Wohnungen sind eine Trümmerlandschaft; Existenzen und Lebenswerke sind vernichtet. Dieser Mann diente zwischen 1977 und 1979 als sowjetischer Soldat in der verflossenen DDR und liebte offensichtlich die Gruppe ABBA. Dann arbeitete er als Kraftfahrer, seit zwei Tagen hat er kein zu Hause mehr:

„Vorgestern habe ich das gesehen, keine Türen mehr, wer hat geschossen, Hunde und Luder. Das ist schrecklich. Ich bin betrunken; entschuldigen Sie.“

Andere Bewohner stehen noch unter Schock. Geld für den Wiederaufbau fehlt, Unterkunft wird bei Verwandten gesucht. Zerstört wurde in Dscherschinsk auch die Kreisverwaltung, auf der nun wieder die ukrainische Fahne weht, weil die Rebellen weichen mussten. Zurückgeblieben sind diese Bewohner, die nicht fassen können, dass es in der Ukraine so weit kommen konnte:

„Nur Gott weiß, was sein wird. Das wichtigste sind Leben und Hoffnung, und die stirbt bekanntlich zuletzt, sagt man.“

Ihre Freundin hat dieses Gottvertrauen nicht:

„Hier sehe ich keine Zukunft mehr.“

So denken viele, denn nicht nur das Stadtzentrum ist kaum bevölkert; die Bergwerk-Stadt zählten vor den Gefechten 80.000 Einwohner:

„Praktisch 70 Prozent der Bewohner haben die Stadt mit der Zeit bereits verlassen; ich glaube, dass sie in nächster Zeit zurückkehren, und wir werden ein neues Leben bauen.“

Gearbeitet wird jedenfalls bereits daran:

„Wir haben die Infrastruktur weitgehend wieder hergestellt; das betrifft die Gas-, Wasser und Stromversorgung. Der öffentliche Verkehr arbeitet, und wir sind dabei, das normale Leben in der Stadt wiederherzustellen.“

In Dscherschinsk wird nun nicht mehr gekämpft; ungefährlich ist es in der Stadt aber trotzdem nicht. Mehr Glück als Verstand hatte auf jeden Fall dieser Autofahrer; dass jedenfalls Glück der Ukraine fehlt, steht seit Monaten fest.

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