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Firtasch beteuert Unschuld und wehrt sich

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Berichte Ukraine
Bis März dürfte in Österreich wohl kaum jemanden den Namen Dmitri Firtasch gekannt haben. Doch am 12. März wurde dieser führende Oligarch der Ukraine in Wien verhaftet. Grund – ein Auslieferungsbegehren der USA, die Firtasch vorwerfen, für ein Geschäft in Indien 18,5 Millionen USD an Schmiergeldern auch über die USA bezahlt zu haben. Firtasch kann das Ende des Auslieferungsverfahrens aber auch freiem Fuß abwarten, weil er 125 Millionen Euro an Kaution hinterlegte; das ist die höchste Kaution der österreichischen Justizgeschichte. Geboren wurde Firtasch in der Westukraine im Gebiet des ehemaligen Tschernowitz als Sohn eines Fahrschullehrers und einer Buchhalterin in einer Zuckerfabrik. Im ORF-Interview beteuert der Ukrainer seine Unschuld:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kiew/Wien

Inserts Dmitri Firtasch, ukrainischer Großunternehmer

Gesamtlänge: 3’42

Der Medienkonzern INTER ist mit 33 Prozent Marktanteil der größte der Ukraine. Seine neun Fernsehkanäle gehören ebenso zum Imperium von Dmitri Firtasch wie viele andere Firmen. Er beschäftigt mehr als 100.000 Mitarbeiter; seine Betriebe sollen fünf Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der Ukraine erbringen. Chemie, Gas und Titan zählen zu seinen Geschäftsfeldern, und für ein Titan-Projekt in Indien soll er Schmiergeld gezahlt, lautet der Vorwurf aus den USA. Diese Anschuldigung weist der Ukrainer zurück:

"Warum hätten wir Schmiergeld für etwas zahlen sollen, das wir nicht bekommen haben; das ist völlig absurd. Denn es blieb leider nur bei unserem Wunsch dort ein Geschäft zu machen, wir wollten etwa 2,5 Milliarden Dollar investieren. Meine US-Anwälte fragen, wie es möglich sei, dass seit dem Jahr 2006 ermittelt wird; abgeschlossen wurden die Ermittlungen 2014, in all diesen Jahren hat man mich nie gefragt. Doch offensichtlich brauchten sie meine Antworten gar nicht.“

Im Gegenzug präsentiert Firtasch den ebenfalls angeklagten indischen Geschäftsmann Gajendra Lal; in einer Videobotschaft aus Moskau, erhebt Lal schwere Vorwürfe gegen die US-Justiz:

„Es war absolut erstaunlich, dass der Stellvertreter des Bezirksstaatsanwaltes mich bittet zu lügen, und alles Notwendige zu tun, um Herrn Firtasch eine Falle zu stellen.“

Merkwürdig ist, dass die USA an Österreich ein erstes Auslieferungsbegehren bereits am 30. Oktober stellten, es aber Anfang November zurückzogen, um es im März erneut zu stellen:

"Die USA dachten, dass es ihnen in Österreich leichter fallen würde, und dass sie auf diese Prozesse hier mehr Einfluss nehmen könnten. Daher haben sie Österreich gewählt. Nach meinen Beobachtungen habe ich ein sehr starkes Vertrauen in die österreichische Justiz. Sie ist wirklich unabhängig, denn ich sehe auch den Druck der amerikanischen Botschaft und der US-Organe auf das Justizministerium, auf den Richter und die Staatsanwaltschaft, mit dem Ziel diese Frage schneller zu lösen. Meine Anwälte und ich sehen, dass das einfach nicht erfolgreich ist. Daher glaube ich, dass alles in Ordnung kommen wird."

Doch was macht eigentlich Österreich für so viele Ukrainische Oligarchen attraktiv?

"Ich arbeite seit vielen Jahren mit Raiffeisen zusammen, das ist eine ausgezeichnete Bank. Sie ist sehr gut in der Ukraine, in Russland und anderen Ländern Osteuropas vertreten. Und Österreich hat eine ausgezeichnete Gesetzgebung für Unternehmen mit Wirtschaftsinteressen im Ausland und eine sehr gute Logistik. Man ist nicht weit von Russland, der Ukraine oder England entfernt und hat gute Flugverbindungen."

Firtasch soll über ausgezeichnete Beziehungen nach Russland verfügen, das mach ihn für jedes Land als Informationsquelle interessant. Der derzeitigen Führung in Kiew steht er sehr kritisch gegenüber:

"Die Staatsführung erfüllt überhaupt keine ihrer Verpflichtungen. Wir haben die Krim verloren, und jetzt können wir auch noch den Südosten verlieren. Wir müssen von einem Zentralstaat zu einem bundesstaatlichen Aufbau übergehen, wie Österreich oder Deutschland. Das ist die einzige Antwort. Wir müssen die Bürgermeister und die Gouverneure wählen, die bisher aus Kiew ernannt werden. Wir müssen den Regionen mehr Vollmachten geben, damit sie selbst ihre Leute auswählen können. Die Menschen vor Ort wissen besser als das Zentrum, was die Regionen brauchen. Aber natürlich bin ich für die Einheit des Landes."

Doch die Entwicklung der Ukraine kann Firtasch nur beschränkt beeinflussen, jedenfalls so lange bis er in Wien auf das Ende seines Verfahrens warten muss.

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