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Der Tourismus auf der Krim nach dem Anschluss an Russland

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Berichte Ukraine
In Moskau hat gestern Vladimir Putin den Anschluss der Krim an Russland unterzeichnet. Politisch ist das der Schlusspunkt einer Entwicklung, die nach dem Anschluss-Referendum auf der Krim zum Verlust der Halbinsel für die Ukraine führte. Auch wenn die ukrainischen Soldaten auf der Krim bisher keinen Widerstand leisteten, hat sich Kiew mit dem Verlust der Halbinsel rechtlich und politisch natürlich nicht abgefunden. Im Gegenteil; geplant ist ein Gesetz, dass die Reise auf die Krim nur mit einer Sondergenehmigung möglich machen soll. Versucht Kiew tatsächlich eine Isolation der Halbinsel, könnte das auch die wichtigste Einnahmequelle der Krim, den Tourismus, treffen. Denn fast zwei Dritte der Touristen waren Ukraine, nur ein Viertel kam aus Russland. Über Lage und Potential des Fremdenverkehrs, hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz in Simferopol mit der Tourismusministerin der Krim gesprochen. Hier sein Bericht:

„Krim – die Perle der Welt“ – lautet das Motto, mit dem die Halbinsel um Touristen wirbt. Ein kurzer Werbefilm verspricht „Märchenhafte Träume im unendlichen Raum“ und „in Harmonie mit der Welt“. Diese Harmonie ist derzeit zweifellos gestört, weil die Abspaltung von der Ukraine nicht nur zu massiven politischen Spannungen führte; vielmehr wird an der bisher nur administrativen Grenze zwischen der Krim und dem Nachbarbezirk Cherson eine Staatsgrenze errichtet. Und mit dem Flugzeug ist Simferopol derzeit überhaupt nur über Moskau zu erreichen. Doch fast zwei Drittel der sechs Millionen Touristen des Vorjahres waren Ukrainer; die Hoffnung auf ihre Wiederkehr hat die Tourismusministerin der Krim, Elena Anatoljewna Jurtschenko, trotzdem nicht aufgegeben:

"Wenn es einen Krieg zwischen Politikern gibt, heißt das nicht, dass es auch einen Krieg zwischen den Völkern gibt. Wenn die ukrainische Staatsführung an der Grenze keine Hindernisse wie etwa die Visapflicht aufbauen wird, bin ich absolut sicher, dass die Touristen aus der Ukraine weiterhin kommen werden. Das ist schließlich Tradition, und Pass- und Zollkontrollen gibt es auch in anderen Ländern. Das ist unser Wunsch; doch natürlich sind Hindernisse für die Einreise nicht auszuschließen. Daher werden wir neben den Touristen aus Russland auch verstärkt in Weißrussland werben; diesen Markt haben wir bisher nicht sehr bearbeitet und nur vier Prozent aller weißrussischen Touristen haben bisher die Ukraine besucht. Ein weitere Markt sollen auch die baltischen Staaten sein."

Entwickeln will die 52-jährige gelernte Historikerin und Pädagogin Elena Jurtschenko, vor allem den Gesundheitstourismus, der auf der Krim eine lange Tradition hat. Denn im Gegensatz zur Ukraine werde Russland nun dieses touristische Potential nützen, sagt Jurtschenko:

„Wir sind absolut sicher, dass es unter diesen 825 Objekten für den Gesundheitstourismus genügend Sanatorien gibt, die ausgezeichnete Investitionsmöglichkeiten bieten, um nicht nur russische, sondern auch westliche Touristen anzuziehen. Bisher waren wir auch viel zu wenig auf internationalen Tourismusmessen vertreten; das war die Politik der Ukraine, die in den Tourismus und in die staatlichen Sanatorien keinen Cent investiert hat. Die Ukraine hat nicht einmal ein Tourismus-Ministerium; finanziert wurde nur das noch übrig gebliebene Geld. Obwohl wir erst sehr kurz Teil Russlands sind, kommen bereits jetzt Vertreter russischer Institutionen, um auf der Krim tätig zu werden."

Der Investitionsbedarf ist jedenfalls enorm; Elena Anatoljewna Jurtschenko

"Wir haben 130 Einrichtungen für den Gesundheitstourismus, die von der Ukraine geführt wurden und nun ins Eigentum der Krim übergegangen sind. Für mehr als die Hälfte waren das Gesundheitsministerium und die Gewerkschaften der Ukraine verantwortlich. Die große Mehrheit dieser Einrichtungen befindet sich in einem schlechten Zustand; viele muss man einfach abreißen und neu bauen, weil nichts investiert wurde. In ein durchschnittliches Sanatorium muss man bis zu sechs Millionen Dollar investieren, nur damit es wieder einigermaßen funktioniert, doch um das Sanatorium konkurrenzfähig zu machen muss man sicher bis zu 16 Millionen Dollar investieren."

Abgesehen vom Gesundheitstourismus will Jurtschenko auch den Kulturtourismus ausbauen. Denn die Krim ist reich an historischen Stätten aus der Antike und späteren Epochen, die besser vermarktet werden sollen. Zunächst aber gilt es nicht zu investieren; zu normalisieren sein wird auch das Verhältnis mit Kiew, um nicht vom russischen Markt abhängig zu sein, der zwar groß ist aber nicht groß genug sein dürfte, um den Tourismus auf der Krim allein zu tragen.

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