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FJ7 Interview mit Andrej Klujew, dem Leiter des Präsidentenbüros, zur Lage

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Berichte Ukraine
In der Ukraine haben Präsident Viktor Janukowitsch und die drei Führer der Oppositionsparteien gestern Abend eine erste Vereinbarung erzielt, die ein weiteres Blutvergießen verhindern soll. Vereinbart wurde eine Art Waffenstillstand, der auch einen Verzicht auf einen Sturm der Polizei auf die Demonstranten am Unabhängigkeitsplatz in Kiew vorsieht. Tatsächlich war es in der Nacht in Kiew auch weitgehend ruhig. Die politische Krise der Ukraine ist damit aber noch überhaupt nicht gelöst. Darüber hat in Kiew unser Korrespondent Christian Wehrschütz mit der rechten Hand von Janukowitsch, dem Leiter des Büros des Präsidenten, Andrej Klujew, gesprochen. Hier sein Bericht:

26 Tote forderten die Ausschreitungen in Kiew am Dienstag; hinzu kommen hunderte Verletzte Polizisten und Demonstranten. Andrej Klujew, der Leiter der Administration von Präsident Viktor Janukowitsch räumt daher, dass die Ukraine in der schwersten politischen Krise seit ihrer Unabhängigkeit vor mehr als 20 Jahren steht. Andrej Klujew:

„Das ist eine enorme Tragödie für das ukrainische Volk; daher hat der Präsident den heutigen Tag auch zum Staatstrauertag erklärt; und das gilt für alle Personen, die auf beiden Seiten gestorben sind. Die Politiker sind verpflichtet, alle strittigen Fragen am runden Tisch durch Verhandlungen und nicht durch die Straße zu lösen. Daher müssen wir alle Konflikte im Parlament austragen, das diese Fragen schnell entscheiden kann."

Doch schnell ist ein relativer Begriff. Klujew hält eine Reform der Verfassung, um die Vollmachten des Präsidenten einzuschränken, bis Juni für möglich. Darin sieht die Opposition einen Versuch, auf Zeit zu spielen. Die Opposition fordert eine schnellere Lösung und eine Rückkehr zur Verfassung des Jahres 2004. Sie sieht Klujew mit kritischen Augen:

"Man kann auch zur Verfassung des Jahres 2004 zurückkehren, doch nur wenn die rechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, die für eine Änderung der Verfassung nötig sind. Doch gerade die Verfassung des Jahres 2004 hat für einen Dauerkonflikt zwischen Präsident und Regierungschef gebürgt. All die fünf Jahre, die diese Verfassung bestand, gab es einen Krieg zwischen Präsident und Regierungschef."

Grund dafür war eine unklare Verteilung der Kompetenzen. Andrej Klujew, in Österreich durch seine wirtschaftlichen Aktivitäten kein Unbekannter, stammt wie Janukowitsch aus der Industriestadt Donetzk. Dort leitete er bereits das Büro von Janukowitsch als dieser Gouverneur dieser Region war. Als dessen engster Mitarbeiter spielte er bei den Gesprächen mit der Opposition eine wichtige Rolle, die nun zu einem Waffenstillstand in Kiew führten. Trotzdem will die EU Sanktionen gegen ukrainische Spitzenpolitiker verhängen. Dazu sagt Klujew:

"Ich hielte das für einen großen Fehler. Man muss der Ukraine helfen, wenn man ihr Wohl im Auge hat und keine Sanktionen verhängen. Doch wenn man Sanktionen verhängt, wird man im Gegenteil alles tun, um das Feuer anzufachen, das das Land in zwei Teile zerreißen kann. Denn der Widerstand dagegen wird schroff sein. Das ist so, wie wenn man einen Kister mit Benzin in ein glosendes Feuer schüttet.“

Denn beileibe nicht für alle Ukrainer sind die Demonstranten Helden und Janukowitsch ein Diktator, und daher werden EU-Sanktionen in der Ukraine nicht auf einhellige Zustimmung stoßen.
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