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Krim-Tataren zur Krise in der Ukraine

Sonstiges
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Berichte Ukraine
Nach der russischen Mehrheitsbevölkerung und den Ukrainern sind die Tataren die drittgrößte Volksgruppe auf der Halbinsel Krim. 1944 von Stalin unter dem Vorwand der Kollaboration mit den deutschen Besatzern vollständig nach Zentralasien deportiert, kehrte seit dem Zerfall der Sowjetunion die Masse dieser Volksgruppe wieder in ihre alte Heimat zurück. Bei ihnen ist die Angst besonders ausgeprägt, bei einem möglichen Konflikt zwischen Russen und Ukrainern zwischen die Mühlsteine zu geraten. Refat Tschubarow ist der Vorsitzende ddes Parlaments der Krim-Tataren. Mit ihm hat in Simferopol unser Korrespondent Christian Wehrschütz gesprochen, hier sein Bericht:

Seit dem 13. Jahrhundert siedeln Tataren auf der Krim; ihr Leidensweg begann 600 Jahre später mit dem Sieg der Kommunisten in der so genannten Oktober-Revolution am Ende des Ersten Weltkriegs. Bereits durch die Kollektivierung der Landwirtschaft wurden 30.000 Tataren in den Ural zwangsumgesiedelt, in der Zeit der stalinistischen Repression wurden viele Erschossen. Die gesamte Aussiedlung erfolgte dann 1944 nach der Rückeroberung der Halbinsel Krim durch die Rote Armee. An diese Ereignisse erinnert auch Refat Tschubar, der Vorsitzende des Parlaments der Tataren auf der Krim: Refat Tschubarow:

"In unserer Gemeinschaft herrscht große Unruhe; soweit unsere Eltern noch leben, die heute zwischen 85 und 90 Jahre alt sind, so verbinden sie einfach die heutigen Ereignisse damit, was sie 1944 durchlebt haben."

Angesichts der massiven Spannungen zwischen Kiew und Moskau warnt der gelernte Historiker Refat Tschubarow eindringlich vor den langfristigen Folgen eines Konflikts:

"Das, was jetzt auf der Krim passiert, wird Russen und Ukrainer auf lange Zeit trennen. Doch noch ist es nicht zu spät. Man muss sich zusammensetzen und eine Form finden, die einen würdigen Ausweg ermöglicht, und zwar ohne Blutvergießen."

Bei der Suche nach einer Lösung, sollten sich auch die Nachbarstaaten der Ukraine besonders engagieren, fordert Tschubarow, nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass Russen auch in anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion leben; Refat Tschubarow:

"Wir. so wie die Mehrheit der Bewohner der Krim, sehen die Lösung auf der Ebene der internationalen Gemeinschaft und auf der bilateralen Ebene zwischen zwei Staaten. Eine besondere Rolle kommt auch den Nachbarstaaten der Ukraine zu. Auch sie müssen ihre Antwort auf diese Herausforderung geben. Wenn sich heute die Frage nach der gewaltsamen Änderung der Grenzen der Ukraine stellt, und zwar gegen alle internationalen Rechtsnormen, und wenn die Ukraine gespalten wird, dann müssen auch die Nachbarn wissen, dass auch ihnen das bevorstehen kann."

Seine Botschaft an die internationale Gemeinschaft formuliert der 57-jährige Tschubarow so:

„Die Führer des Westens sollen die Geschichte Europas im 20. Jahrhundert vor Augen haben. Man darf mit seinen Händen nicht die internationale Ordnung zerbrechen, die nach den Kriegen in Europa geschaffen wurde. Warum gibt es eine OSZE, warum wurden die Prinzipien der friedlichen Koexistenz ausgearbeitet, warum hat man sie in vielen internationalen Dokumenten bestärkt? Diese Ordnung darf von niemandem zerbrochen werden. Das wäre ein großes Unglück."

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