× Logo Mobil

MiJ Interview mit Rebecca Harms zur Lage in der Ukraine

Sonstiges
Berichte Ukraine
In der Ukraine haben sich in der Nacht die Spannungen zwischen Präsident Viktor Janukowitsch und der Opposition und den Demonstranten wieder verschärft. Grund dafür ist, dass im Parlament die Regierungsmehrheit von Janukowitsch das Amnestiegesetz für die Demonstranten gegen den Willen der Oppositionsparteien beschlossen hat. Darin wird von den Demonstranten gefordert, binnen 15 Tagen alle besetzten Regierungsgebäude in Kiew und in anderen Städten zu räumen, damit die Amnestie tatsächlich in Kraft tritt. Diese Forderungen haben Demonstranten und Opposition abgelehnt. Die Lage in Kiew verfolgt auch eine Delegation des EU-Parlaments. Dazu zählt die Vorsitzende der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament, die Deutsche Rebecca Harms. Sie hat die Ukraine seit mehr als 20 Jahren immer wieder besucht. Über ihre Einschätzung der Lage hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz mit Rebecca Harms das folgende Interview geführt:

CW: Sehr geehrte Frau Harms, die Opposition und die Demonstranten haben das Amnestiegesetz nicht akzeptiert, das die Regierungsparteien mit ihrer Mehrheit im Parlament beschlossen haben. Wie ist Ihre Einschätzung, wie kann es jetzt in der Ukraine weitergehen?

H: Das Misstrauen gegenüber Präsident Janukowitsch ist sehr groß. Das hat damit zu tun, dass die Gewalt mit der bedingungslos vor einigen Tagen gegen friedliche Demonstranten und gegen Journalisten vorgegangen worden ist, dass diese Gewalt einfach fast zum Überlaufen gebracht hat. Die wollen hier jetzt wirklich einen neuen Anfang für neue demokratische Entwicklung.

CW: Abgesehen vom umstrittenen Amnestiegesetz sind aber auch andere grundlegende Forderungen der Opposition bis heute nicht erfüllt worden, sprich es gibt keine klare Perspektive, für vorgezogene Präsident- oder Parlamentswahlen oder auch für die Verfassungsreform. Ist das nicht ein großes Problem, weil damit eigentlich die grundlegenden Forderungen der Opposition und der Demonstranten bisher nicht erfüllt werden?

H: Ich glaube, dass die Opposition und diese Bewegung hier in der Ukraine im Westen des Kontinents immer noch nicht richtig verstanden worden sind. Ich habe den Eindruck, dass man immer noch glaubt, dass dies Proteste sind, die sich leicht kanalisieren lassen, auf die man Einfluss nehmen kann. Es ist einfach noch nicht verstanden worden, dass das inzwischen auch eine soziale Bewegung ist. Die Leute wollen nicht mehr, dass ihr Land ausgeplündert wird, die wollen nicht immer weiter in die Armut sinken, damit einige die Macht haben und ihren Familien, deshalb Oligarchen werden, damit es denen gut geht und allen anderen schlecht.

CW: Trotzdem was jetzt passiert ist jetzt völlig offen?

H: Was jetzt passiert ist offen. Das, was ich gestern interessant fand, war, dass doch noch mal zu Tage getreten ist, dass der Präsident auch in seiner Fraktion und im Umfeld seiner Fraktion die Zustimmung eindeutig verliert.

CW: Die Europäische Union verlangt immer Kampf gegen Korruption bei allen Staaten, die an die EU herankommen. Die zweite Seite ist, daß in den Staaten wie in Österreich sehr viele dieser Oligarchen nicht nur ihr Geld, sondern auch ihre Familien geparkt haben. Ist hier eigentlich nicht die Haltung von Staaten der Europäischen Union zu mindestens teilweise sehr zweifelhaft und heuchlerisch?

H: Also es ist schon die ganze Zeit eigentlich für die Europäische Union peinlich, dass die politische Elite egal wie sie sich hier schuldig gemacht hat, dass die Familien der Oligarchen, dass die unbeschränkt Reisefreiheit genießen. Sie haben fast alle diese Schengen-Visa, Sie haben das richtig gesagt, die Familien sind auch jetzt in den letzten Wochen schon wieder außer Landes gegangen, und diejenigen die hier für Demokratie eintreten, denen zeigen wir seit Ewigkeiten die kalte Schulter, die Visabedingungen für normale Leute, Studenten sind unerträglich. Wir müssen wirklich jetzt sehen, wie wir gegen Geldwäsche und das was hier illegal erworben wird und bei uns dann in Unternehmen investiert wird, wie wir gegen solche Abläufe vorgehen.

CW: Herzlichen Dank.
Facebook Facebook