Analyse zum Grenzstreit
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Wiener Zeitung
Berichte Slowenien
Am schwierigsten ist die dritte Frage zu lösen. Nach der Seerechtskonvention hat Slowenien wie jeder andere Staat der Welt den uneingeschränkten Zugang zum offenen Meer. Was Slowenien fordert, sind de facto Hoheitsrechte auf einen Seestreifen, der die kroatischen Territorialgewässer und damit auch die direkte Seegrenze zwischen Kroatien und Italien durchtrennen soll. Dieser „archimedische Punkt“ im Meer, soll Sloweniens Ansprüche auf einen Teil des Kontinentalsockels in der Adria legitimieren, der selbst nach Ansicht slowenischer Juristen der Seerechtskonvention nach nicht besteht. Daher nutzt Slowenien nun die EU-Verhandlungen, um Kroatien Zugeständnisse politisch abzuringen, die rechtlich auf schwachen Beinen stehen. Hier stehen die Slowenen zweifellos mit großer Mehrheit hinter ihrer Regierung. Es herrscht das Gefühl, dass Kroatien nach dem Zweiten Weltkrieg in Istrien territorial bevorzugt wurde. Außerdem wird Kroatien vorgeworfen, einseitig versucht zu haben, die Grenze zu präjudizieren und Vereinbarungen nicht eingehalten zu haben.
Angesichts dieser Ausgangslage, war Slowenien stets gegen jede Form von Schiedsgericht, während Kroatien auf einer derartigen Lösung beharrt. Nach drei von Kroatien abgelehnten Vorschlägen, beruht der jüngste Vorschlag der EU-Kommission nun weitgehend auf einem Schiedsgerichtsverfahren mit strikten formalen Vorgaben, und Kroatien stimmte zu. Die Anmerkungen, die in Slowenien Regierung und Opposition bisher formuliert haben, laufen generell auf eine Aufweichung der recht strikten Arbitrage hinaus. Kommende Woche soll die Antwort Laibachs an Brüssel vorliegen. Ob die Kommission und Kroatien diese Änderungswünsche akzeptieren ist offen. Weitgehend sicher ist, dass Kroatien die EU-Verhandlungen in diesem Jahr nicht mehr abschließen dürfte, und dass auch ein Kompromiss gefunden werden muss, die auf allgemeinen politischen Konsens in Slowenien stößt. Denn Referenden sind in Slowenien recht leicht erzwingbar – und schert nur eine Parlamentspartei aus, könnte der kroatische Beitritt auch nach dem Verhandlungsabschluss noch scheitern.