× Logo Mobil

SFOR suchte Karadjic in Pale

Radio
Mittags Journal
Berichte Serbien
In Bosnien hat die Friedenstruppe SFOR am Wochenende wieder ein Mal nach dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Radovan Karadjic gefahndet. In Pale bei Sarajevo durchsuchte die SFOR die Wohnung der Frau und der Tochter des ehemaligen Führers der bosnischen Serben. Ebenfalls durchsucht wurden ein Krankenhaus und eine orthodoxe Kirche. Gefunden haben die SFOR-Soldaten Karadjic jedoch nicht. Warum die Suchaktion gerade jetzt durchgeführt wurde, darüber berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Ausgelöst wurde die Suchaktion der Friedenstruppe SFOR in Bosnien durch zwei Hinweise. So erhielt die SFOR nach eigenen Angaben Informationen, dass ein verletzter oder erkrankter mutmaßlicher Kriegsverbrecher ärztlich versorgt werden sollte. Zweitens soll Radovan Karadzic seine Familie kontaktiert haben, die in Pale lebt. Beide Angaben könnten gestimmt haben, obwohl der ehemalige Führer der bosnischen Serben nicht gefunden wurde. Denn Karadzic ist 58 Jahre alt und das ständige Leben auf der Flucht ist zweifellos nicht nur eine seelische, sondern auch eine körperliche Belastung. Außerdem könnte Karadzic wegen des orthodoxen Weihnachtsfestes durchaus Kontakt mit seiner Familie aufgenommen haben. Obwohl es keine offizielle Bestätigung dafür gibt, ist davon auszugehen, dass die Telefone seiner Frau, seiner Tochter und seines Sohnes von westlichen Geheimdiensten überwacht werden. Wie konkret die Hinweise waren, die die SFOR erhalten haben will, ist jedoch fraglich. Wären sie wirklich eindeutig gewesen, hätte wohl ein kleines Spezialkommando für den Zugriff genügt und die Friedenstruppe hätte nicht 80 Mann aufgeboten, um eine flächendeckende Aktion durchzuführen. Ihr Ziel könnte es somit auch gewesen sein, Präsenz zu zeigen und neuerlich Druck auf Karadzic, seine Familie und seine Helfer auszuüben. Bei den Hausdurchsuchungen sollen jedenfalls Hinweise gefunden worden sein, wie das Netzwerk zum Schutz von Karadzic funktioniert, doch nähere Angaben machte die SFOR nicht. Auszugehen ist davon, dass Karadzic nur von einem relativ kleinen Personenkreis gedeckt und geschützt wird. Das verringert die Gefahr des Verrats und der Entdeckung und senkt auch die Kosten, die für den Unterhalt dieser Gruppe aufzuwenden sind. Radovan Karadzic wird vom Haager Tribunal beschuldigt, auch für das Massaker in Srebrenica verantwortlich zu sein, bei dem im Jahre 1995 mehrere Tausend Bosniaken ermordet wurden. 1998 tauchte Karadzic unter. Er ist neben dem bosnischen Serben-General Ratko Mladic der meist und längst gesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien. Mehrere Versuche der SFOR, Karadzic zu verhaften, sind mehrmals gescheitert. Auch die Aussetzung einer Belohnung von fünf Millionen Dollar zeigte bisher keine Wirkung. Karadzics Freiheit ist vor allem für die Bosniaken ein ständiges Ärgernis, die dem Westen vorwerfen, nur halbherzig nach ihm zu suchen. Für das Haager Tribunal steht Karadzic jedenfalls ganz oben auf der Fahndungsliste. Denn im Prozess gegen Slobodan Milosevic, dem auch die Verantwortung für Kriegsverbrechen in Bosnien zur Last gelegt wird, könnte Karadzic ein wichtiger Zeuge sein.

Facebook Facebook