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Spaltung in DOS vertieft sich

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Berichte Serbien
In Jugoslawien könnte es schon in der kommenden Woche zur Bildung einer neuen Bundesregierung kommen. Die alte Regierung ist an der Auslieferung von Slobodan Milosevic gescheitert. Der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica und die serbische Allianz DOS haben sich auf die Grundzüge dieses Kabinetts geeinigt, wobei diesem Kom-promiß noch die pro-serbischen Parteien in Montenegro zustimmen müssen. Hauptaufgabe der neuen Bundesregierung soll es sein, eine neue Verfassung für Jugoslawien auszuarbeiten und darüber mit der Führung der jugoslawi-schen Teilrepublik Montenegro zu verhandeln. Ob diese Gespräche allerdings erfolgreich sein werden ist fraglich, denn die Regierung Monte-negros hält bisher an dem Plan einer Loslösung von Serbien fest. Fraglich ist auch die Stabilität der serbischen Allianz DOS; denn die Spannungen in diesem werden immer sicht-barer, berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz

Den ersten schweren Schlag erlebte die serbische Reformallianz DOS mit der Auslieferung von Slobodan Milosevic an das Haager Tribunal. Während der serbische Ministerpräsident Zoran Djindjic die Auslieferung durchzog, erklärte der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica diese Vorgangsweise für verfassungswidrig. Kostunicas Partei DSS trat aus der gemeinsamen DOS-Fraktion im serbischen Parlament aus und gründete einen eigenen Klub. Die DSS verfügt über 45 der 176 Sitze der Allianz DOS; das bedeutet das Ministerpräsident Zoran Djindjic im 250 Abgeordnete zählenden Parlament mit den anderen 17 DOS-Parteien noch über eine knappe absolute Mehrheit verfügt. Doch nun hat auch der Bürgermeister von Cacak, Velemir Ilic angekündigt, daß seine Partei mit dem Namen „Neues Serbien“ eine eigene Fraktion bilden wird. Diese Partei verfügt über acht Mandate, so daß der DOS-Parla-mentsklub rein rechnerisch nun seine absolute Mehrheit einbüßen wird. Möglich ist, daß auch noch die eine oder andere DOS-Partei diesem Beispiel folgen wird. Zwar bedeutet die Grün-dung eigener Fraktion nicht, daß diese Klubs mit den Pro-Milosevic-Parteien gemeinsame Sache machen und die Regierung stürzen werden; die Fraktionsgründungen sind jedoch ein sicheres Indiz dafür, wie groß die Spannungen innerhalb des Reformbündnisses bereits ge-worden sind; daher könnte die serbische Regierung zunehmend instabil werden. Grund dafür sind die Spannungen und Gegensätze zwischen Vojislav Kostuniva und Zoran Djindjic; sie bestehen nicht erst seit der Auslieferung von Slobodan Milosevic; dessen Überstellung an das Haager Tribunal ließ diese Rivalität jedoch offen zutage treten. Ursache dieser Gegensätze zwischen Djindjic und Kostunica sind ihre unterschiedlichen politischen Weltanschauungen aber auch ihre unterschiedlichen Funktionen. Kostunica ist ebenfalls Demokrat aber ein klarer serbischer Nationalist; seine Politik zielt nicht zuletzt darauf ab, einen Teil der früheren Milosevic-Wähler für seine Partei zu gewinnen. Außerdem will Kostunica den gemeinsamen Staat der Serben und Montenegriner mit allen friedlichen Mitteln bewahren; neben groß-serbischen weltanschaulichen Positionen spielt dabei auch eine entscheidende Rolle, daß Kostunica bei einem Zerfall des Staates auch seinen Posten als jugoslawischer Präsident verlöre. Djindjic dagegen will Serbien so rasch wie möglich modernisieren und an die EU heranführen. Als serbischer Ministerpräsident entscheidet über sein politisches Schicksal ausschließlich sein Erfolg oder Mißerfolg in Serbien. Am Erhalt des gemeinsamen Staates mit Montenegro ist Djindjic daher weit weniger interessiert als Kostunica. Djindjic dringt daher auf eine rasche Klärung des Verhältnisses zu Montenegro; dies sei die zentrale Aufgabe, die

die neue jugoslawische Regierung noch in diesem Jahr zu lösen habe, sagte er. Sollte sich der Machtkampf zwischen Djindjic und Kostunica in Serbien verschärfen, könnte sich das auch beschleunigend auf einen möglichen Zerfall Jugoslawiens auswirken. Eine historische Ana-logie dafür steht ebenfalls zur Verfügung; so vollzog der frühere russische Präsident Boris Jezin nicht zuletzt auch deshalb die Auflösung der Sowjetunion, um seinen Rivalen Michael Gorbatschow zu bezwingen; zwar hat Kostunica mehrfach erklärt, er werde nicht der jugo-slawische Gorbatschow sein; doch die Aussichten auf ein derartiges Schicksal sind seit der Auslieferung von Slobodan Milosevic zweifellos gestiegen.

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