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Kumanovo, Bürgermeister und Flüchtlinge

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Berichte Nord-Mazedonien
Die Gefechte zwischen mazedonischen Streitkräften und albanischen Rebellen haben in Mazedonien eine Flüchtlingswelle ausgelöst. Bis zu 80.000 Albaner sollen in den Kosovo geflohen sein; hinzu kommen etwa 30.000 Albaner sowie viele Mazedonieer, die wegen der Kämpfe ihre Häuser verlassen mußten und im Land selbst bei Verwandten untergekommen sind oder in Flüchtlingslagern leben. Besonders betroffen von der Krise ist auch die Stadt Kumanovo im mazedonisch-serbischen Grenzgebiet, wo die Kämpfe bereits seit einigen Monaten andauern. In Kumanovo hat unser Balkan- Korrespondent Christian Wehrschütz mit dem Bürgermeister der Stadt gesprochen und folgenden Bericht gestaltet:

Die Stadt Kumanovo ist ein gutes Beispiel für die ethnische Vielfalt Mazedoniens. 60 Prozent der etwa 100.000 Einwohner sind Mazedonier, 20 Prozent Albaner und 11 Prozent Serben. Dazu kommen noch Roma und andere Nationalitäten. Kumanovo ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, wie die allgemeine Krise des Landes zusätzlich noch durch die Gefechte mit den albanischen Rebellen verschärft wird. Zur Lage der Stadt sagt Bürgermeister Slobodan Kovacevski:

„Kumanovo war eine wirtschaftlich gut entwickelte Stadt; doch die Probleme kamen am Ende der 90iger Jahre. Zu wenig Handel, zu wenig Güter und das spiegelte sich auch in der Qualität wider. In sozialistischen Zeiten bekam man Aufträge und man mußte sich nicht sehr bemü-hen, die Qualität war niedriger als jetzt. Unter westlichen Kriterien, einschließlich Rußlands, können wir unsere Produkte nicht verkaufen; obwohl wir auch Firmen haben, die Qualitäts-produkte herstellen. Hinzu kommt, daß unsere Industrie stark auf den russischen Markt ausgerichtet war und auch das brachte uns Probleme. Auch private Betriebe können kaum überleben, denn es gibt keine ausländischen Investitionen.“

Daher zählt auch die Arbeitslosigkeit zu den großen Problemen von Kumanovo. Offiziell ist jeder Dritte erwerbslos, hat nur jeder Fünfte der 100.000 Einwohner eine Beschäftigung. Die Stadt steht diesem Problem praktisch machtlos gegenüber, denn das Budget ist gering. Bürgermeister Slobodan Kovacevski:

„Das Budget von Kumanovo beträgt jährlich umgerechnet etwa 5,6 Millionen Schilling. Darin enthalten sind die Gehälter der Angestellten der Stadt sowie die Bezahlung für Bauarbeiten. Wir haben überhaupt kein Budget für soziale Angelegenheiten; diese Fragen liegen in der Zuständigkeit des Sozial- und Arbeitsministeriums sowie des Zentrums für soziale Ange-legenheiten.“

Hinzu kommt, daß Mazedonien sehr zentralistisch organisiert ist und die Städte und Gemeinden kaum über Kompetenzen verfügen. Bürgermeister Kovacevski sagt dazu

„Wir haben praktisch keine Zuständigkeiten Daher sind wir für eine Dezentralisierung der Macht um größeren Einfluß bei der lokalen Selbstverwaltung zu bekommen und zwar vor allem was die Finanzen betrifft. Ein Gesetzesentwurf über die Reform der lokalen Selbstverwaltung ist bereits im Parlament.“

Doch der Beschluß dieses Gesetzes wird noch auf sich warten lassen; denn auch die albani-schen Freischärler und die Albaner-Parteien fordern mehr Dezentralisierung und einen umfassenden Umbau des mazedonischen Staates. Erst wenn die Waffen dauerhaft schweigen und eine politische Einigung erzielt ist, wird sich somit die Lage der Städte ändern. Verschärft hat sich die allgemeine Krise durch Gefechte und Flüchtlingselend. Allein beim Roten Kreuz sind 12.000 Flüchtlinge registriert; Tausende Flüchtlinge, vor allem Albaner aber auch Mazedonier, haben auch andere Hilsforganisationen erfaßt. Zum Los dieser Menschen in Kumanovo sagt Bürgermeister Slobodan Kovacevski:

„Die Flüchtlinge leben überall in der Stadt, bei Freunden, Verwandten und so weiter. Wir selbst haben mit dem Sozialministerium zwei Hotels und ein Heim für Schüler zur Verfügung gestellt. Leider hat unser rotes Kreuz nicht genügend Lebensmittel, Kleidung und andere lebensnotwendige Dinge.“

Unterstützend greift hier auch die österreichische Caritas ein; sie ist seit der Kosovo-Krise in Mazedonien und arbeitet mit der albanischen Hilfsorganisation „Mutter Theresa“ zusammen. Marion Feik war m Auftrag der Caritas jüngst in Kumanovo, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Zur Hilfe der Caritas sagt Feik:

„Wir haben seit Anfang im Vertrauen darauf, dass wir wieder Geld bekommen von den Österreichern, Geld hierhergeschickt. Weil man alles vorort kaufen kann. Es geht vor allem um die Grundnahrungsmittel. Das ist immer Mehl, Öl, Zucker und Bohnen.“

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