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Analyse Wahl Montenegro

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Berichte Nord-Mazedonien
Die Parlamentswahl in Montenegro hat nur eine leichte Verschiebung der politi-schen Kräfteverhältnisse und damit das unangenehmste aller möglichen Ergeb-nisse gebracht. Denn die unklare innenpolitische Lage wird nun dazu führen, daß auch die Frage der Loslösung Montenegros von Serbien zunächst weiter in der Schwebe bleibt. Im alten Parlament verfügten die Unabhängigkeitsbefürwor-ter über 42 der 78 Sitze, während der pro-serbische Block auf 36 Mandate kam. Im neuen Parlament, das nur mehr 77 Sitze zählt, erreichen die Anhänger der Unabhängigkeit 44 und die Gegner einer Abspaltung von Serbien 33 Mandate. Dieses Kräfteverhältnis wird das heute oder morgen zu erwartende endgültige Wahlergebnisse höchstens noch um ein oder zwei Mandate verändern. Grund-sätzlich ist festzustellen, daß die Befürworter der Unabhängigkeit die Wahl zwar gewonnen, deren Gegner aber besser abgeschnitten haben als vorausgesagt. Ein Blick auf die Ergebnisse in den Städten zeigt, daß von einer regionalen Teilung des Landes in zwei Hälften nicht gesprochen werden kann; so haben die pro-serbischen Parteien sowohl an der Küste als auch im Norden und Westen Montenegros sehr gut abgeschnitten. Daher ist es um so wichtiger, daß die politische Lage in Montenegro weiter friedlich bleibt, um eine unkontrollierte Entwicklung zu verhindern, die im schlimmsten aber unwahrscheinlichen Fall zu einem bosnischen Szenario führen könnte.

Gefordert sind in diesem Zusammenhang die beiden größten montenegrinischen Einzelparteien, die DPS von Präsident Milo Djukanovic und die SNP seines Herausforderers Pedrag Bulatovic. Die Aufgabe dieser beiden Politiker wird es sein, einen nationalen Konsens über die Zukunft des Landes zu finden. Gefor-dert sind aber auch die USA und vor allem die EU. Sie sollten die bisher klar erkennbare einseitige Parteinahme zugunsten Serbiens vermeiden, um Djuka-novic nicht in die Arme der Liberalen Union zu treiben. Die Liberalen sind die kompromißlosesten Befürworter der Unabhängigkeit und könnten mit ihren sechs Mandaten Djukanovic die absolute Parlamentsmehrheit sichern. Im Interesse der Stabilität Montenegros, Jugoslawiens und des gesamten Balkan ist es jedoch erforderlich, daß die beiden großen politischen Lager zu einem Konsens finden. Dieser könnte in Montenegro etwa dazu führen, daß es zu einem Unabhängigkeitsreferendum kommt, für das eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Der Ausgang der Abstimmung würde klären, welchen Weg Montenegro tatsächlich einschlagen wird. Einzuwirken hat die EU aber auch auf die politische Führung in Belgrad, die versucht sein könnte die unklare Lage für ihre Interessen auszunützen. Denn das grundlegende Interesse Europas muß es sein, daß zu den vielen Krisenherden auf dem Balkan nicht ein weiterer hinzukommt; diese Interesse kann das unklare Wahlergebnis in Montenegro nur noch verstärkt haben.

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