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Mazedonien und NATO

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Berichte Nord-Mazedonien
In Mazedonien beginnt heute die NATO-Mission „Wesentliche Ernte“. Unter diesem Deck-namen wird die NATO in den kommenden 30 Tagen Waffen und Munition einsammeln, die von den albanischen Freischärlern der UCK abgegeben werden. Die Waffenabgabe ist Teil des Friedensprozesses in Mazedonien. Neben dem Entwaffnungsabkommen zwischen UCK und NATO, sowie einer Amnestie für die Freischärler haben mazedonische und albanische Parteien auch ein Friedensabkommen unterzeichnet. Es sieht vor, daß die Albaner in Maze-donien mehr Rechte erhalten. Der Gebrauch der albanischen Sprache wird ausgeweitet, die Präsenz der Albaner in der Polizei wird erhöht und auch die Städte und Gemeinden sollen mehr Kompetenzen erhalten. Die Umsetzung dieser Vereinbarungen hängt wiederum von der Entwaffnung der Freischärler ab. Denn das Parlament in Skopje will das Abkommen nur ratifizieren, wenn die UCK alle ihre Waffen abgegeben hat. Daher war auch bis zuletzt zwischen der NATO und der mazedonischen Regierung umstritten, über wie viele Waffen die Freischärler eigentlich verfügen. Über die NATO-Mission „Wesentliche Ernte“ berichtet aus Skopje Christian Wehrschütz:

Die NATO-Mission in Mazedonien steht unter einem ungünstigen Stern. Gestern, einen Tag vor Beginn der Mission wurde in der Nähe von Tetovo ein Motel gesprengt, zwei Mazedonier starben. Ob die Tat von der UCK verübt wurde ist unklar, doch mazedonische Führung und Presse schrieben die Tat den Freischärlern zu. Doch nicht nur dieser Anschlag belastet die heute beginnende Entwaffnung der UCK. Denn NATO und mazedonische

Abgeben soll die Freischärler unter anderem Boden-Luft-Raketen, schwere und leichte Maschinengewehre, Gewehre, Munition aber auch einen Panzer vom Typ T-55, den die UCK bei den Gefechten mit den mazedonischen Truppen erbeutet haben dürfte. Zur Waffenabgabe wurden 10 bis 15 Sammelpunkte im Gebiet der Aufständischen eingerichtet. Wo diese Punkte genau sind, will die NATO nicht bekannt geben, doch wird mazedonischen Abgeordneten ge-stattet, die Waffenabgabe zu beobachten. Trotzdem wird die Waffenabgabe weitgehend anonym erfolgen, denn die NATO wird die Personen nicht registrieren, die einzeln oder via LkW Waffen und Munition zu den Sammelpunkten bringen. Vorgesehen ist, daß Waffen und vor allem Munition, die nicht transporttauglich sind, an Ort und Stelle unbrauchbar gemacht und vernichtet werden. Der Rest wird zunächst nach Krivolak im Südosten Mazedoniens ge-bracht; dort gelagert und dann in Griechenland zerstört. Für die Waffensammelpunkte gilt eine Art Sperrzone. Mazedonische Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber dürfen dieses Gebiet nicht überfliegen, mazedonische Truppen müssen sich fünf Kilometer von diesen Sammelpunkten zurückziehen; die albanischen Freischärler müssen einen Abstand von zwei Kilometern einhalten.

Die NATO-Mission ist in einem Abkommen zwischen der mazedonischen Regierung und der westlichen Allianz genau geregelt, denn formell ist die NATO auf Ersuchen Mazedoniens im Land. So ist ein Schußwaffengebrauch durch NATO- Soldaten nur erlaubt zur Selbstvertei-digung sowie zum Schutz der Truppe und der Ausrüstung, einschließlich auch der abgegeben Waffen und Munition. Das NATO-Mandat beschränkt sich auf das Einsammeln von Waffen und Munition die formal freiwillig abgegeben werden. Die NATO ist keine Vertragspartei des Friedensabkommens, das mazedonische und albanische Parteien geschlossen haben und somit besteht auch keine unmittelbare Beziehung zwischen Abkommen und Mission. Daher ist die NATO auch kein Garant für die Sicherheit und Stabilität des Landes. Ihr Rückzug ist nach Abschluß der Mission vorgesehen, die von Beginn der Waffenabgabe auf 30 Tage befristet ist. Eine Verlängerung des Einsatzes der 5.000 Soldaten zur längerfristigen Stabilisierung des Landes wird jedoch nicht ausgeschlossen, muß aber neu verhandelt werden.

Die NATO-Mission in Mazedonien erfolgt unter schwierigen Rahmenbedingungen, denn die antiwestliche Stimmung unter vielen Mazedoniern ist ebenso stark wie der Zweifel, ob die UCK tatsächlich alle Waffen abgeben wird. Daher wird auch betont, daß die Waffengabe an sich wichtig ist, weil sie dazu führen soll, daß das Vertrauen zwischen beiden Völkern wieder hergestellt werden kann. Die NATO-Mission „Wesentliche Ernte“ ist nach Bosnien und dem Kosovo der dritte Einsatz des Verteidigungsbündnisses auf dem Balkan. Trotzdem ist die Mission eine Premiere, denn der Einsatz findet zum ersten Mal ohne führende Beteiligung der USA statt. Das Hauptkontingent der 5000 Soldaten stellen die Briten, gefolgt von den Fanzo-sen. Insgesamt beteiligen sich 12 der 19 NATO-Mitglieder an diesem Einsatz.
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