Montenegro und Beitrittsverhandlungen mit der EU
Mehr als eine Milliarde Euro hat die EU in den vergangenen 15 Jahren in die Modernisierung Montenegros investiert. Nach Umfragen sind 80 Prozent der Bevölkerung für den EU-Beitritt, doch die Verhandlungen verlaufen im Schneckentempo; nach zehn Jahren Beitrittsgesprächen sind zwar sind alle 33 Kapitel eröffnet, doch nur zwei vorläufig geschlossen; einige Gründe dafür nennt in Podgorica die amtierende EU-Ministerin Ana Novakovic-Djurovic:
3'14'0 - 3'51 - Verhandlungstempo und Gründe 4'29 - 5'07'1
"Natürlich hätten frühere Regierungen mehr tun können, doch auch die Erweiterungspolitik der EU hatte ihre Phasen. Dazu zählt die Änderung der Methodologie der Verhandlungen, und so führen wir seit drei Jahren die Gespräche in einem ganz anderen Rahmen. Montenegro könnte sofort vier bis fünf Kapitel vorläufig abschließen, doch das ist derzeit unmöglich, weil zuvor die Kapitel Justiz und Grundrechte abgeschlossen sein müssen. Und das hängt daran, dass das Parlament den siebenten Richter am Verfassungsgerichtshof noch nicht gewählt hat, für den es eine Drei-Fünftel-Mehrheit braucht."
Ob diese Wahl demnächst gelingt, ist fraglich; die Regierungsbildung steht zwar bevor, doch es wird eine Minderheitsregierung sein; politische Stabilität ist daher unwahrscheinlich. Sicher ist, dass die Tage der Ministerin gezählt sind, weil ihre Partei der neuen Regierung nicht angehören wird. Stärkste Kraft im Kabinett wird die Partei „Europa jetzt“ unter Milojko Spajic und Staatspräsident Jakuv Milatovic sein; beide begannen ihre politische Karriere vor drei Jahren unter einem Regierungschef, der enge Beziehungen zur serbisch-orthodoxen Kirche unterhielt. Diese Kirche ist weiterhin ein wichtiger Machtfaktor und keineswegs ein Freund von EU und insbesondere der NATO; hinzukommt, dass nun mit Andrea Mandic ein Mann Parlamentspräsident wird, der eine klar großserbische Vergangenheit hat; doch in Serbien ist die NATO ein Feindbild, betont in Podgorica die Politologin Nikoleta Djukanovic:
14'40'5 - Verhältnis zu NATO und EU - 16'11'9
"Auch in Montenegro schlägt das Herz eines bestimmten Teils der Bevölkerung nicht viel anders als in Serbien. Das gilt auch für das Wertesystem. Sie sagten, dass alle Parteien dafür seien, dass Montenegro weiter Mitglied der NATO bleibt; doch ich glaube nicht, dass dem wirklich so ist, weil gerade das Herz jener Politiker, die früher der Demokratischen Front angehörten, aber auch in anderen Parteien, etwas anderes spricht. Mir scheint, dass diese Politiker nur auf den Moment warten, dass etwas geändert werden und die Einfluss Belgrads zum Tragen kommen kann; dasselbe gilt für die EU."
Montenegros Westorientierung könnte somit tatsächlich auf dem Prüfstand stehen.