Montenegro nach 88 Jahren wieder ein Staat
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Wiener Zeitung
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Djukanovic sagte, 99 Prozent der Stimmen seien nun ausgezählt. 55,5 Prozent hätten für die Loslösung von Serbien gestimmt; dieser Wert könne nicht mehr in Frage gestellt werden. Seine Angaben decken sich zu diesem Zeitpunkt bereit mit breiten Hochrechnungen von Cemi, die mit seriösen Belgrader Meinungsforschern erstellt wurden. Die zunehmende Gewissheit, den Sieg errungen zu haben, bestätigte auch die defensive Argumentation des pro-serbischen Blocks. Doch Gewissheit herrschte erst Montagvormittag als die Republikanische Referendumskommission unter Leitung eines slowakischen Diplomaten praktisch den Sieg von Milo Djukanovic bestätigte.
Gleichzeitig zeigt das Referendum aber auch, wie sehr die montenegrinische Bevölkerung emotionalisiert wurde und gespalten ist. So lag die Beteiligung mit mehr als 86 Prozent sehr hoch. Die Ergebnisse in den Städten wiederum sind ein Hinweis darauf, wie sehr die slawische Bevölkerung in der Frage der Loslösung von Serbien gespalten ist. So stimmten in pro-serbischen Gemeinden wie der Küstenstadt Herceg Novi nur knapp 39 Prozent für die Unabhängigkeit, während in der alten Hauptstadt Cetinje mehr als 86 Prozent dafür waren. Eine entscheidende Rolle für den Sieg spielten auch die nationalen Minderheiten wie Albaner (etwa 7 Prozent) und Bosnjaken (etwa 14 Prozent). So stimmten in der albanisch dominierten Küstenstadt Ulcinj mehr als 88 Prozent und in der bosnjakischen Hochburg Rozaje sogar mehr als 91 Prozent für die Unabhängigkeit. 28
Der politische Ausgleich im inneren, der mit einem Kompromiss, über die Durchführung begann, muss somit fortgesetzt werden. Beide Lager sind dazu bereit, und das ist ein positives Zeichen für die Stabilität in Montenegro, obwohl der pro-serbische Block das Ergebnis noch nicht offiziell anerkannt hat Auch in Serbien haben sich Ministerpräsident Vojislav Kostunica und Präsident Boris Tadic noch nicht geäußert. Zwar steht die Anerkennung des Resultats außer Zweifel, doch geht es nun darum die zivile Scheidung etwa bei Diplomatie und Armee möglichst schmerzfrei zu vollziehen. Ähnliches gilt etwa für die Frage der etwa 10.000 Montenegriner, die in Serbien studieren.
Was die Annäherung Richtung EU betrifft, so wird Brüssel nun für Montenegro ein neues Verhandlungsmandat ausarbeiten müssen. Derzeit sind die Gespräche über das Abkommen für Stabilisierung und Assoziation unterbrochen, weil Serbien Ratko Mladic nicht an das Haager Tribunal ausgeliefert hat. Dieser Grund fällt nun weg, und die Gespräche könnten noch vor dem Sommer mit Montenegro weitergeführt werden. Im Herbst soll jedenfalls auch die Aufnahme in die UNO erfolgen, die Montenegro beantragen muss, weil nach dem Verfassungsvertrag mit Belgrad Serbien Rechtsnachfolger des aufgelösten Staatenbundes ist.
Noch nicht aufgelöst wird jedenfalls die gemeinsame Fußballnationalmannschaft. Sie wird noch unter dem Namen „Serbien und Montenegro“ bei der Weltmeisterschaft in Deutschland antreten.