Montenegro hat gewählt
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Der Pro-Serbische-Block blieb mit 38 Prozent fast gleich, büßte jedoch aus Gründen der Wahlarithmetik drei Mandate ein. Geschwächt wurde der Block auch durch zwei pro-serbi-sche Parteien die ebenfalls zur Wahl antraten, jedoch die Drei-Prozent-Sperrklausel nicht überspringen konnten. Den Pro-Serbischen-Kräften stehen jedenfalls schwierige Zeiten bevor. Schon bald werden sie auch im gemeinsamen neuen Staat der Serben und Montenegriner in der Opposition sein; außerdem steht ein Richtungsstreit bevor; die Wahl hat klar gezeigt, daß dieser Block mit den slawischen Wählern allein nie gewinnen kann, weil Djukanovic auf die Stimmen der Minderheiten zählen kann. Öffnet sich der Block, wird er jedoch nationalistische Wähler verlieren.
Ebenfalls vertreten ist im Parlament eine albanische Partei mit zwei Mandaten, die traditionell Djukanovic unterstützt. Wie klar dessen Sieg ist zeigt der Umstand, daß seine Liste für ein europäisches Montenegro in praktisch allen Städten gewann und bei den gleichzeitig abge-haltenen Lokalwahlen in der Hauptstadt Podgorica ebenfalls die absolute Mehrheit erreichte. Das Wahlergebnis bedeutet, daß Montenegro nach mehr als zwei Jahren nun eine stabile Re-gierung für vier Jahre erhält. Gestärkt wird damit auch Djukanovics außenpolitische Position. Er hat im Vertrag von Belgrad für drei Jahre auf ein Referendum über die Unabhängigkeit Montenegros verzichtet. Nun kann seine Regierung diese Zeit nützen, um die wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen für eine allfällige Unabhängigkeit zu schaffen. Ob es dazu allerdings auch kommen wird, ist derzeit nicht vorhersehbar. Denn die EU ist strikt gegen eine Trennung von Serbien, obwohl sie damit auch die nationalistischen Kräfte in Belgrad stärkt, wie das Er-gebnis der jüngsten Präsidentenwahl in Serbien zeigt. Die Verfassung des neuen Staates ist fast fertig; nur die Frage der direkten und indirekten Wahl der Abgeordneten des gemeinsa-men Parlaments ist noch offen. Zwar ist Djukanovic für die indirekte Wahl, ob er sich aber durchsetzen kann, werden die kommenden Tage zeigen. Doch abgesehen davon, hängt die Zukunft des gemeinsamen losen Staates auch von der Entwicklung in Serbien und davon ab, in welchem Ausmaß die Volkswirtschaften der beiden ungleichen Partner auf dem Weg Richtung EU wirklich harmonisiert werden können. Die Frage einer allfälligen Loslösung von Serbien wird jedenfalls bis zum Ablauf des dreijährigen Moratoriums ein Szenario für die Entwicklung am Balkan bleiben, nicht zuletzt auch deshalb, weil in Serbien unter der Bevöl-kerung die Stimmung eine Trennung wächst.