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Montenegro vor der Wahl

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Berichte Montenegro
In Montenegro wird morgen das Parlament gewählt. Es ist die erste Wahl seit dem Referendum Ende Mai, das zur Unabhängigkeit Montenegros und zum Ende des Staatenbundes mit Serbien führte. Klarer Favorit bei der Wahl ist daher die Zwei-Parteienkoalition von Ministerpräsident Milo Djukanovic. Sie bilden Djukanovics Demokratischer Partei der Sozialisten und die Sozialdemokraten. Insgesamt werben zwölf Bündnisse um die 490.000 Wähler und um die 81 Mandate des Parlaments in Podgorica. Dazu zählen Parteien der albanischen und bosnjakischen Minderheit sowie drei Bündnisse, die vor allem um das pro-serbische Lager werben. In Montenegro hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz den Wahlkampf verfolgt und folgenden Bericht darüber gestaltet:

„Es lebe Montenegro“ – so jubelten nach dem Referendum die Anhänger der Unabhängigkeit Ministerpräsident MiloDjukanovic zu. Diese Euphorie für einen Wahlsieg zu nutzen, ist das Ziel, das Djukanovic konsequent verfolgt hat. So berichteten die Medien ausführlich über jeden Schritt, der Montenegro zurück auf die internationale Bühne brachte; auch die bauliche Erneuerung von Podogirca wurde zügig vorangetrieben, leben in der Hauptstadt doch mehr als ein Viertel aller Wähler. Den Kampf um ihre Stimmen charakterisiert der Politikwissenschafter Srdjan Darmanovic so.

„Die wichtigsten Themen des Wahlkampfs waren die Wirtschaft, die Annäherung an die EU sowie soziale Fragen; allerdings stand immer Hintergrund die Lage vor dem Referendum, in dem Sinne dass beurteilt wurde, wer hat welchen Beitrag zur Erneuerung des Staates geleistet, wer war dafür, wer war dagegen. So haben wir im Wahlkampf noch immer einen Mix aus der Frage der Unabhängigkeit und der Lösung für wirtschaftliche und soziale Probleme.“

Doch Urlaubszeit sowie ein kurzer und ruhiger Wahlkampf ließen eine intensivere Debatte über wirtschaftliche und soziale Probleme kaum zu. Diese Fragen zu thematisieren versuchte nur die „Bewegung für den Wandel“. Sie ist der neue Spieler auf der politischen Bühne Montenegros. Ihre Wähler sind vor allem junge und besser gebildete Bürger wie Studenten, Assistenten oder Lehrer. Die Stunde dieser Partei könnte in vier Jahren schlagen, denn bei den nächsten Wahlen wird wohl auch in Montenegro die Innenpolitik dominieren. Doch noch ist es nicht so weit, und das gilt in gewisser Weise auch für diese neue Partei, wie der Politikwissenschafter Srdjan Daramanovic betont:

„Die „Bewegung für den Wandel“ will eine Partei der Modernisierung und Reformen sein und behauptet, dass die Frage der Identität nicht wichtig sei. Aber dennoch sind etwa 80 Prozent ihrer Wähler Personen, die beim Referendum gegen die Unabhängigkeit gestimmt haben.“

Trotzdem ist diese Partei die einzige, die der Regierung Stimmen kosten könnte, denn sie verzichtete im Wahlkampf auf jede nationale Rhetorik. Diese Bewegung könnte mit 16 Prozent auf Anhieb sogar stärkste Oppositionspartei werden. Um diesen Platz kämpfen auch die gemäßigteren pro-serbischen Nationalisten, während die Ultranationalisten mit etwa 10 Prozent rechnen können. Diese beiden nationalistischen Parteien sind für nationale Minderheiten nicht wählbar, die ein Viertel der Einwohner Montenegros ausmachen. Ihre Parteien sind potentielle Koalitionspartner für Milo Djukanovic, sollte er die absolute Mehrheit verfehlen.

Doch Djukanovic profitiert nicht nur von der Schwäche seiner Gegner. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Inflation ist niedrig, Fremdenverkehr und ausländische Direktinvestitionen wachsen kräftig und die Infrastruktur wird spürbar besser. Hält der Trend an, könnte Montenegro sein ehrgeiziges Ziel erreichen, binnen vier Jahren reif für den Beitritt zu EU und NATO zu sein. Reif sein, dürfte dann die Zeit auf jeden Fall für einen Machtwechsel, denn Milo Djukanovic und seine Partei regieren Montenegro bereits seit 17 Jahren.

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