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Montenegro wählt

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Der Begriff Schicksalswahl wird vielleicht nicht immer völlig zu Recht ver-wendet, auf die Parlamentswahl in der kleineren jugoslawischen Teilrepublik Montenegro trifft er jedoch zu. Denn am Sonntag nach Ostern werden die knapp 448.000 montenegrinischen Wähler eine Vorentscheidung darüber treffen, ob ihr Land den Kurs Richtung Unabhängigkeit einschlagen oder in einer erneuerten Föderation mit Serbien bleiben wird. Diese Frage war nicht das beherrschende Wahlkampfthema; sie führte auch dazu, daß vor knapp sechs Monaten die drei Parteienkoalition von Präsident Milo Djukanovic zerbrach. Denn die kleine pro-serbische Volkspartei verließ die Regierung, als Djukanovic Demokratische Partei der Sozialisten, DPS, mit den Sozialdemokraten eine Plattform für Ver-handlungen mit Belgrad beschloß. Darin tritt Djukanovic für die Unabhängigkeit Montenergos und eine lose Union mit Serbien ein. Der Wahlkampf in Monte-negro führte nun grundsätzlich zur Bildung zweier Lager, die vor allem die Haltung zur Unabhängigkeit Montenegros trennt. Über die Ausgangslage und die Bedeutung dieser Wahl am Sonntag in einer Woche berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz:

Unabhängiges Montenegro oder erneuertes Jugoslawien – das war und ist das beherrschende Wahlkampfthema in der letzten noch bei Serbien verbliebenen jugoslawischen Teilrepublik. Diese Grundfrage spaltet die Montenegriner schon seit 100 Jahren in zwei annähernd gleich große Lager. Auch im Wahlkampf für die vorgezogene Parlamentswahl am kommenden Sonntag führte diese Frage zu einer grundlegenden Blockbildung unter den 16 kandidierenden Parteien und Allianzen, die der Wahl den Charakter eines Referendums verleiht. Für die Un-abhängigkeit werben vor allem drei Parteien, die sicher die drei Prozent-Hürde überspringen und wieder ins Parlament in Podgorica einziehen werden: die klei-ne Liberale Union sowie die DPS, die Demokratische Partei der Sozialisten, von Präsident Milo Djukanovic und die SDP, die Sozialdemokraten. Die Liberalen sind die kompromißlosesten Befürworter der Unabhängigkeit. Auch eine lose Union mit Serbien lehnen sie ab. Den Liberalen könnte nach der Wahl die Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung zufallen. Denn Djukanovic Partei DPS und die Sozialdemokraten haben sich zwar zur Allianz „Der Sieg ist Montegros“ zusammengeschlossen und können nach Umfragen mit bis zu 44 Prozent der Stimmen rechnen; die absolute Mehrheit dürfte für diese Allianz jedoch außer Reichweite sein. Djukanovic ist für die Unabhängigkeit Montenegros; im Fall seines Sieges will er noch vor dem Sommer ein Unabhängigkeitsreferendum abhalten aber auch mit Serbien über eine lose Union verhandeln. Erste Gesprä-che mit dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica und mit Serbiens Ministerpräsident Zoran Djindjic blieben jedoch ergebnislos. Kostunica will Jugoslawien mit friedlichen Mitteln erhalten. Im montenegrinischen Wahlkampf unterstützt Kostunica Pedrag Bulatovic, den Vorsitzenden der SNP, die gemein-sam mit der serbischen Allianz DOS die jugoslawische Bundesregierung bildet. In Montenegro ist Bulatovic Spitzenkandidat der Drei-Parteienallianz „Gemein-sam für Jugoslawien“. Dieses Bündnis besteht aus der SNP, der Splitterpartei SNS und der pro-serbischen Volkspartei, dem früheren Koalitionspartner von Präsident Djukanovic. „Gemeinsam für Jugoslawien“ will die Rolle Montene-gros im gemeinsamen Staat stärken, ist jedoch gegen die Unabhängigkeit. Nach Umfragen kann Bulatovic mit bis zu 30 Prozent der Stimmen rechnen. Im Parla-ment sind für Vertreter der albanischen Minderheit 5 der 77 Sitze reserviert. Die Parteien der Albaner sind von der Drei-Prozent-Hürde praktisch befreit. Auch sie sind für die Unabhängigkeit und schmälern die Chancen des pro-jugoslawi-schen Blocks. Eine Klärung der Zukunft Montenegros wird die Wahl nur brin-gen, wenn dieser Block gewinnen sollte, denn er ist gegen ein Referendum über die Unabhängigkeit. Gewinnen die Befürworter der Unabhängigkeit, wird die weitere Entwicklung von drei Faktoren abhängen: der Höhe des Wahlsieges, der ein wichtiger Hinweise für das mögliche Ergebnis eines Referendums sein wird; zweitens von den Gesprächen mit Serbien, und drittens von der Reaktion des Westens auf die beiden ersten Faktoren. Denn vor allem die EU ist gegen die Unabhängigkeit und gegen einseitige Schritte Montenegros, eine Position, die bei einem klaren Sieg der Unabhängigkeitsbefürworter kaum zu halten wäre, selbst wenn die Gespräche mit Belgrad ergebnislos blieben.

Koalition „Für ein besseres Leben“ DPS, SDP,NS zerbrach im November an der Frage der Unabhängigkeit

Unklar: Auswirkungen der Ereignisse in Mazedonien und Südserbien auf Stimmung in Montenegro – Albanische Frage

Ende des großserbischen Nationalismus, Herr im eigenen Hause, raschere wirtschaftliche Erholung Rettungsboot und Titanic

„Die Montenegriner und die Serben sind ein Volk, nur die Montenegriner waren früher am Meer.“ Frage der wirtschaft-lichen Überlebensfähigkeit, Was ist mit Verwandten in Serbien

Forderung der Volkspartei, Dragan Soc, bisher Justizminister in der Koalition mit Djukanovic – Ausschluß der Albaner, Bosniaken und Kroaten beim möglichen Referendum mitzustimmen, nur die orthodoxe Mehrheit dürfe über Montenegros staatliche Zukunft entscheiden

Ziel: Zweidrittelmehrheit für Unabhängigkeitsbefürworter wegen Änderung der Verfassung

Wahlblock: „Gemeinsam für Jugoslawien“ Drei Parteien: SNP, NS, SNS – 52 – 23 – 2

Umfragen -

Derzeit 78 Mandate im Parlament: DPS 30, SNP 29, NS 5, SDP 5, LS 7, 2 Albaner

SNP: 29, 36 Prozent, Machtwechsel Ende Februar NS: 5

Finanzierung des Wahlkampfes – SNP 300.000 DM aus Bundes- Republiksbudget und Spenden

LSCG – 67.000 DM Junge Leute, Studenten, mittlere und höhere Bildung, 6,3 Prozent 1998

Momir Bulatovic – NSS – Volks-Sozialistische Partei

30 oder 5 Prozent aus SNP

„Der Sieg ist Montenegros – Demokratische Koalition Milo Djukanovic“: DPS plus SDP 30 – 5

77 Mandate, 5 für Albaner vorbehalten, 920 Kandidaten 16 Parteienbündnisse und Parteien, letzte Wahl Mai 1998, derzeit wahlberechtigt knapp 447.000 Wähler

Wahlbeobachter internationale etwa 200, davon 160 aus der OSZE, darunter auch einige Österreicher, 1100 heimische

Spray etc, Ultraviolettes Lesegerät, Zeigefinger der rechten Hand

Wahlberechtigt: ab 18 mit zweijährigem Aufenthalt in Montenegro, Wahllokale öffnen um 8 und schließen um 21 Uhr,

drei Prozent Sperrklausel, Wahl der Kandidaten

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