Die Korruption in Kroatien und ihre Folgen
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In der Vorwoche flog Ivo Sanader mit seiner Familie nach Los Angeles. Das veranlasste das kroatische Wochenmagazin „Nacional“ zu einem Artikel in dem darüber spekuliert wird, ob Sanader nicht vor Ermittlungen der kroatischen Justiz nach Hollywood geflohen sei. Grund und Zeitpunkt der Reise sind der Öffentlichkeit unbekannt; sicher dürfte sein, dass es für Sanader langsam eng wird in Kroatien. Ein Grund dafür ist ein Kredit von vier Millionen DM, den die Hypo-Alpe-Adria dem kroatischen Tycoon Miroslav Kutle vor Jahren gewährt hat. Für seine Vermittlerrolle soll Sanader von Kutle eine Provision von 800.000 DM bekommen haben. Diese Zahlung soll eine ehemalige Mitarbeiterin Kutles bezeugt haben. Wegen der vielen Affären im Umfeld der Regierungspartei HDZ könnten auf Sanader noch viel mehr Vorwürfe zukommen, erläutert der Vorsitzende des kroatischen Zweigs von Transparency International, Zorislav Petrovic:
„Ivo Sanader wusste über alle Beschlüsse der Regierung Bescheid, sogar bis hin zu Beschlüssen, die auf untergeordneter Ebene getroffen wurden. Daher wäre ich nicht besonders überrascht, sollte sich herausstellen, dass er auf jeden Fall über gesetzwidrige Dinge informiert war, wenn er daran schon nicht teilgenommen haben sollte.“
Auch die neuentdeckte Liebe der Regierung zur Korruptionsbekämpfung relativiert Zorislav Petrovic:
„Das Aufbrechen der vielen Skandale ist vor allem ein Ergebnis der Neuordnung der Kräfteverhältnisse in der HDZ. Als Ivo Sanader im Jahre 2001 die Partei übernahm schuf er eine Hierarchie der Macht, die mit seinem Abgang wesentlich erschüttert wurde. Noch immer kämpfen nun in der Partei verschiede Fraktionen um ihren Anteil am Kuchen; und das ist vor allem der Grund, warum es sogar Prozesse gegen ehemalige Inhaber hoher staatlicher Funktionen gibt wie das bei Damir Polancec der Fall ist.“
Der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Damir Polancec sitzt wegen Missbrauchs der Amtsgewalt und Bildung einer kriminellen Vereinigung in U-Haft. Er soll daran mitgewirkt haben, den staatlichen Stromerzeuger HEP und ein weiteres Unternehmen um insgesamt mehr als 100 Millionen Euro zu schädigen. In der Verflechtung von Politik und Wirtschaft sieht Petrovic auch einen Grund für die grassierende Korruption:
„In Kroatien geht mehr als 60 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung durch das Budget oder staatsnahe Fonds. Dieser Staatsanteil ist noch größer, wenn wir die Wirtschaftskraft öffentlicher Unternehmen berücksichtigen. Und so wurde versucht, Unternehmen zu beeinflussen, um durch Zuwendungen vor allem Firmen zu bedenken, die mit Führungspersonen in der Regierung verbunden waren.“
Als bestes Mittel zur Bekämpfung der Korruption empfiehlt Transparency eine effiziente Bürokratie und maximale Transparenz. Als Negativ-Beispiel nennt Zorislav Petrovic das Register der Veteranen des Kroatien-Krieges:
„Mehr als eine halbe Million Kroaten sind im Register der Veteranen und haben irgendwelche Vorteile. Doch es gibt kaum einen Bürger, der nicht eine Person kennt, die ungerechtfertigter Weise, darin verzeichnet ist. Doch die Regierung weigert sich beständig, das Register zu veröffentlichen oder zu korrigieren. Ähnlich ist die Lage auch bei den Invaliditätspensionen.“
Positiv bewertet Transparency, dass unter dem Druck der EU die Gesetze besser werden. Außerdem steige durch das Aufbrechen der vielen Skandale die Angst vor Strafen und das dämpfe in Kroatien die Bereitschaft zur Korruption im großen Stil.